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Heidelberg / Auschwitz-Birkenau (ots) –

Heute, am 2. August 2021, erinnerte der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gemeinsam mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma an die letzten 4.300 Sinti und Roma, die im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vor 77 Jahren – trotz ihres erbitterten Widerstands – von der SS ermordet wurden. Diese Mordaktion der Nazis steht symbolisch für den Völkermord an hunderttausenden Sinti und Roma in Europa. Erst vor sechs Jahren wurde der 2. August vom Europäischen Parlament als Europäischer Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma anerkannt.

Mittlerweile zeigt sich in ganz Europa der gewalttätige Antiziganismus in Form von rechtsterroristischen Anschlägen, pogromartigen Ausschreitungen, aber auch in Form von Polizeigewalt gegen Angehörige der Minderheit der Sinti und Roma, wie jüngst in Tschechien. Große Teile der Roma-Bevölkerung müssen immer noch in den Slums in Mittel- und Südosteuropa, inmitten der Länder der europäischen Union, in unwürdigen Verhältnissen leben, müssen ein System der Apartheid in den Bereichen der Bildung, des Wohnens, in der Gesundheitsversorgung und auf dem Arbeitsmarkt erdulden, während die Regierungen diese Situation tatenlos hinnehmen.

77 Jahre nach dem 2. August 1944 ist diese Situation ein Skandal und auch daran muss am Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma erinnert werden. Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, hob die Bedeutung des Gedenkens für demokratische Gesellschaften hervor:

“Auschwitz ist das Gewissen, das an uns alle appelliert, unsere Stimme gegen den heute wieder um sich greifenden, mörderischen Rassismus mit seinen zahlreichen Toten zu erheben. Es muss uns mit großer Sorge erfüllen, wenn wir auf den derzeitigen Zustand der Europäischen Union blicken. Der Versuch einiger Mitgliedsstaaten, die Gewaltenteilung, das grundlegende Prinzip des Rechtsstaats, aufzuweichen, macht fassungslos – gerade nach den Erfahrungen der Menschheitsverbrechen der Nazis und der kommunistischen Diktatur in Europa.”

Werner Friedrich, der als Kind zusammen mit seiner Familie von den Nationalsozialisten verfolgt wurde, weil er Sinto war, appellierte in seiner Rede an die jungen Menschen:

“Sie, junge Menschen, sie sind unsere Zukunft. Sie haben es in der Hand, was aus Deutschland, aus Europa und der ganzen Welt wird.”

Weiter mahnte er Politik und Behörden, dass das Kapitel der Entschädigung noch immer nicht abgeschlossen ist:

“Nie hat unsere Familie für die Pein und Schmach, die wir unter den Nazis haben erlitten haben, eine Wiedergutmachung erhalten, außer meiner Schwester Loni, die im KZ war. Bis heute sagen die westdeutschen Entschädigungsbehörden, dass die Sinti und Roma, die das Glück hatten, nicht im KZ oder in der Gaskammer zu landen, nicht genug gelitten hätten, um eine dauerhafte Wiedergutmachung zu bekommen.”

Neben Romani Rose und Werner Friedrich sprachen auch Roman Kwiatkowski für den Verband der Roma in Polen, Dan Doghi für den Europarat, Laszlo Teleki und Irina Spataru für die Jungendorganisation ternype. Der stellvertretende Ministerpräsident von Polen, Piotr Tadeusz Glinski, lies ein Grußwort verlesen.

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Laura Jahn

Von Laura

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