Di. Apr 23rd, 2024

Fulda (ots) – Aus Wahlprogrammen sind noch nie Regierungsprogramme oder gar Koalitionsverträge geworden. Insofern ist in die 134 Seiten, die die Grünen-Spitze gestern präsentierte, nicht mehr, aber auch nicht weniger hineinzuinterpretieren, als sie sind: das Narrativ einer schönen neuen Welt, in der Innenstädte autofrei sind, die Luft sauber ist und Menschen aller Hautfarben in Harmonie miteinander leben. Wer von Umfrage zu Umfrage seine Beliebtheit steigert und davon ausgehen kann, bei der Bundestagswahl zweitstärkste Kraft zu werden (mit einem Plus von knapp 100 Bundestagsabgeordneten gegenüber heute!), kann es sich eben leisten, einen radikalen Politikwechsel anzukündigen – auch wenn vieles am Ende Utopie bleiben wird.

Unterm Strich steht vor allem die Erkenntnis: Die Umsetzung der klima- und wirtschaftspolitischen Revolution würde teuer, sehr teuer – und die Frage, wer all die Geschenke an Mensch und Natur bezahlen soll, birgt so viel Konfliktpotenzial, dass die Umsetzung des Programms im Fall der Fälle zu neuem Unfrieden und gesellschaftlicher Spaltung führen könnte. Immerhin sind die Grünen so ehrlich, den Menschen schon jetzt zu sagen, dass es nicht ohne neue Belastungen gehen wird, ja dass für manche die Pläne eine “Zumutung” sein werden.

Was noch auffällt: Vieles von dem, was jetzt gefordert wird, ist nicht neu, doch die Verpackung ist eine andere, so wie es sich für eine Partei gehört, die regieren will und aus den Bevormundungsdebatten um Veggie-Day und Co. gelernt hat: Aus dem unbeliebten Tempolimit wird anno 2021 ein “Sicherheitstempo von 130 Stundenkilometern”. Inlandsflüge etwa sollen nicht verboten, sondern bis 2030 “überflüssig” werden. Das Arbeitslosengeld II mutiert zu einer “Garantiesicherung” – ohne Sanktionsmöglichkeiten durch die Jobcenter. Es schwant einem, dass sich die grüne Republik in der Realität ein bisschen anders und rauer anfühlen wird als die wohlklingenden Sätze im Erzählbuch.

Die wichtigste Frage indes wird derzeit nicht beantwortet: Mit wem sollen die grünen Träume umgesetzt werden? Mit dem Wahlprogramm geht die Partei klar auf Distanz zu CDU und FDP und flirtet eher mit SPD und Linkspartei, wie auch der sofort einsetzende Applaus von führenden Genossen zeigte. Ein wichtiger Hinweis an die Wähler wäre eine klare Absage an eine Koalition mit der in Teilen extremistischen Linkspartei, an deren Spitze nun eine bekennende Marxistin steht. Denn sonst könnten sich viele in der CDU, die jetzt schon von Schwarz-Grün träumen, noch schwer wundern. / Bernd Loskant

Pressekontakt:

Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de

Pressemitteilung teilen:

Schreibe einen Kommentar