Mi. Apr 24th, 2024

Bonn (ots)

“Ein Zusammenstoß beim Kopfballduell, ein Ellbogen beim Zweikampf im Gesicht, ein Aufprall gegen den Torpfosten: Die Gefahr, eine Gehirnerschütterung zu erleiden, spielt im Fußball immer mit. Wird die Verletzung nicht erkannt oder unterschätzt, kann es lebenslange gesundheitliche Folgen haben. Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung begrüßt daher die Einführung von zusätzlichen Wechselmöglichkeiten im Falle von Kopfverletzungen.

Wenn von Gehirnerschütterungen im Fußball die Rede ist, dürften viele Fans zuerst Christoph Kramer im WM-Finale 2014 vor Augen haben. Doch auch im Bundesligaalltag kommt es immer wieder zu Schädelhirntraumata – Mark Uth (FC Schalke 04) zog sich im Dezember 2020 eine Gehirnerschütterung zu, Matthias Ginter (Borussia Mönchengladbach) traf es im Januar und Ritsu Doan (Arminia Bielefeld) verzichtete im März nach einem Zusammenprall auf eine Reise zur japanischen Nationalmannschaft. Jüngster Fall: Im April musste Kingsley Ehizibue (1. FC Köln) nach dem Zusammenprall mit einem Gegenspieler ausgewechselt werden.

Die Gefahr einer Gehirnerschütterung lässt sich nicht komplett ausschließen; der Fußball wird immer athletischer, dadurch steigt das Risiko. Der Fußball-Weltverband FIFA und das International Football Association Board (IFAB) haben jedoch reagiert: Bei der Klub-WM in Katar im Februar war eine zusätzliche Auswechselung erlaubt; in den Profiligen der USA wird im Rahmen eines Pilotprojekts der FIFA aktuell die Anwendung von zwei zusätzlichen Auswechslungen im Falle einer Kopfverletzung getestet.

In Deutschland gibt es solch spezielle Wechsel-Regeln bei Kopfverletzungen noch nicht. “Aufgrund der hohen Belastung durch die Corona-Pandemie sind im Moment aber ohnehin zwei zusätzliche Wechsel erlaubt – das finde ich nicht nur mit Blick auf Kopfverletzungen sinnvoll”, urteilt Professor Claus Reinsberger. Der Facharzt für Neurologie ist Leiter des Sportmedizinischen Instituts der Universität Paderborn und Mitglied der Medizinischen Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) – und hat eine klare Meinung.

“Medizinisch würde ich mich ganz klar dafür aussprechen, dass man einen zeitweiligen Wechsel durchführen kann, um einen Spieler genauer zu untersuchen”, betont der Neurologe. “So ließe sich besser feststellen, ob eine Gehirnerschütterung vorliegen könnte oder nicht – und wenn nicht, kann der Spieler nach zehn, fünfzehn Minuten wieder zurück auf das Spielfeld.”

Das Problem bei der Umsetzung einer ‘temporary substitution’: Das Regelwerk. “Auch, wenn es wohl noch Probleme bei der praktischen Umsetzung dieser Idee gibt, wäre es medizinisch das beste”, unterstreicht Reinsberger. “Die zusätzliche Auswechselung ist ein erster Schritt und besser als nichts, aber ich fände den temporären Wechsel noch sinnvoller. So könnte der Arzt in Ruhe herausfinden, was los ist – ohne, dass die Mannschaft bestraft wird, weil sie in der Zeit mit einem Spieler weniger agieren muss.”

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Laura Jahn

Von Laura

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