Ein offensichtlicher gesetzgeberischer Konzeptionsfehler belohnt Rentner nach vollendeter Regelaltersgrenze nur dann für die ehrenamtliche Pflege, wenn vorab ein Prozent der Rente geopfert wird. Rentenberater fordern dringend eine leicht umsetzbare Gesetzeskorrektur.
Gute Bedingungen in der Pflege, dies bezeichnet die Bundesregierung als großes Anliegen. Der Bundesminister für Gesundheit hält pflegende Angehörige sogar für die Helden des Alltags. Genau deshalb gilt der Grundsatz, dass die Pflege selbst neben einer Erwerbstätigkeit von nicht mehr als 30 Wochenstunden durch zusätzliche Rentenpunkte honoriert wird.
Nicht gültig ist diese Regel aber ausgerechnet für Rentner, die das gesetzliche Regelrentenalter schon erreicht haben. Das sind aktuell Rentner, die vor 1953 geboren sind. Sie erhalten keine Pflegezeiten – es sei denn, sie erklären schriftlich, auf 1 % der vollen Rente zu verzichten.
Dass gerade bei Rentnern ein Teil-Verzicht auf eine erarbeitete und zu leistende Sozialleistung notwendig sein soll, ist unverständlich. Denn selbst bei weiterer Berufstätigkeit nach Vollendung des Regelrentenalters kann durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber bewirkt werden, dass dem Rentenkonto weiterhin volle Rentenpunkte zugebucht werden. Dann erhöhen diese Punkte ab dem nächstfolgenden 1. Juli die Rente.
Diese einfache Regel ist auch für pflegende Rentner zu fordern, jede andere Entscheidung wäre diskriminierend.
Auf 1 % der Rente verzichten zu müssen, ist kompliziert, wirtschaftlich fragwürdig und zugleich unzumutbar, wie das folgende Beispiel zeigt:
Ehemann Bertold ist wegen erheblicher Beeinträchtigung seiner Selbständigkeit nach Pflegegrad 2 eingestuft und nimmt das Pflegegeld der Pflegekasse voll in Anspruch. Ehefrau Gertrud pflegt ihn zu Hause wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage. Die Pflegekasse könnte dafür monatlich 107,04 Euro an die Deutsche Rentenversicherung überweisen. Aber nur, wenn Gertrud unverständliche und komplizierte Spielregeln einhält. Denn die pflegende Gertrud hat die so genannte Regelaltersgrenze überschritten und erhält 833,00 EUR Altersrente. Jedes Pflege-Jahr könnte die Rente bei einem Verzicht auf 8,33 EUR der vollen Rente um 5,84 EUR monatlich verbessern. Wegen des geforderten 1%-Rentenverzichts würde Gertrud eineinhalb Jahre lang statt 833,00 EUR nur noch 824,67 EUR monatlich erhalten, ab dem nächsten 1. Juli zwar 830,45 EUR, damit aber immer noch weniger als zuvor. Sie büßt daher während der zweijährigen Pflege ihres Mannes insgesamt 165,34 EUR von der eigenen Rente ein. Erst dann geht”s langsam aufwärts, für ein halbes Jahr + 7,84 EUR mehr und letztlich steigt das Rentenplus auf + 13,68 EUR monatlich. Muss überraschend Kombinationspflege beansprucht werden oder endet die Pflege, geht die Rechnung ohnehin nicht auf. Im günstigsten Fall droht dann “nur” komplizierter Schriftwechsel.
Rentenberater Markus Vogts aus Karlsruhe kritisiert den geforderten 1 %-Rentenverzicht als unverständlich, umständlich und bei niedrigem Pflegegrad je nach Rentenhöhe der Pflegeperson auch für ein riskantes Manöver.
Markus Vogts unterstützt deshalb eine zum Deutschen Bundestag eingereichte Petition (Petition 85469 – 30. October 2018). Diese fordert die Möglichkeit, den Verzicht auf die Versicherungsfreiheit erklären zu können. Dann werden Beiträge für die Pflege ohne Rentenopfer wirksam.
Kontakt
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Markus Vogts
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m.vogts@vogts-rentenberater.de
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