Fühlt sich ein Hauseigentümer durch die glasierten Dachziegel seines Nachbarn geblendet, kann ein Gericht nur nach seinem persönlichen Eindruck bei einem Ortstermin entscheiden. Denn: Grenzwerte für Lichtreflexe gibt es nicht. Blenden die Ziegel jedoch zu stark, muss sie der Nachbar entfernen. Dies entschied laut Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, das Oberlandesgericht Hamm.
Worum ging es bei Gericht?
Der Eigentümer eines Einfamilienhauses hatte sein Dach zunächst mit hochglänzenden Ziegeln eindecken lassen. Zwei Jahre später ließ er einen Großteil gegen matt glasierte Dachpfannen austauschen. Im Bereich der Dachränder und des Dachfirstes blieben die Hochglanzpfannen liegen. Sein Nachbar konnte sich mit dem immer noch glänzenden Dach jedoch nicht abfinden: Aus seiner Sicht blendete es so stark, dass er Garten, Wohn- und Esszimmer seines Hauses nur noch mit gesenktem Kopf nutzen konnte – besonders tagsüber im Frühjahr und Sommer sowie im Winter in Vollmondnächten. Der Nachbar klagte schließlich vor Gericht darauf, die Blendwirkung zu verringern.
Das Urteil
“Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte das Urteil der Vorinstanz, nach dem nur die hochglänzenden Dachpfannen gegen weniger reflektierende auszutauschen waren”, erläutert Michaela Rassat. Das Gericht habe im Rahmen eines Ortstermins festgestellt, dass die Blendwirkung der matten Dachpfannen nur unwesentlich sei. Allenfalls die hochglänzenden Dachziegel blenden so stark, dass sie eine wesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes darstellen. Das Gericht betonte, dass der persönliche Eindruck vor Ort entscheidend war. “Wichtig sind im Einzelfall die Dauer der Blendwirkung, die Intensität der Lichtreflexe und die daraus folgenden Auswirkungen für die Nutzung des betroffenen Grundstücks. Feste Grenzwerte für Lichtreflex-Immissionen gibt es nicht”, so die Juristin.
Was bedeutet das für Hauseigentümer?
Hochglänzende Dachziegel können eine starke Blendwirkung haben. “In diesem Fall haben Nachbarn unter Umständen einen Anspruch auf Beseitigung der Störung. Bei einem Prozess zählen allerdings keine Grenzwerte, sondern der persönliche Eindruck vor Ort”, weiß die Rechtsexpertin.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 9. Juli 2019, Az. 24 U 27/18
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