Mo. Okt 7th, 2024

Wiesbaden (ots)

Die Schuldenuhr rast: Die Mehrheit der Deutschen befürchtet, dass der Staat sie für die Milliarden-Schulden der Corona-Krise zur Kasse bittet. Dagegen scheint die Rezessionsangst gebannt, wie die Ergebnisse der R+V-Langzeitstudie “Die Ängste der Deutschen 2021” belegen. Vor einem Konjunktureinbruch fürchten sich deutlich weniger Menschen als noch vor einem Jahr. Die Umweltängste werden erst durch die Flutkatastrophe eines der Top-Themen.

Zum 30. Mal hat das Infocenter der R+V Versicherung rund 2.400 Menschen nach ihren größten Sorgen rund um Politik, Wirtschaft, Umwelt, Familie und Gesundheit befragt. “Der Schuldenberg, der sich bei Bund, Ländern und Kommunen zur Bewältigung der Corona-Pandemie aufgetürmt hat, bereitet den Deutschen in diesem Jahr die größten Sorgen”, sagt Brigitte Römstedt, Leiterin des R+V-Infocenters, anlässlich der Pressekonferenz am 9. September in Berlin. 53 Prozent der Deutschen haben Angst davor, dass der Staat wegen der Schuldenlast aus der Corona-Krise dauerhaft Steuern erhöht oder Leistungen kürzt – Platz eins der diesjährigen Umfrage.

Die Sorge um die persönlichen Finanzen spiegeln auch die Plätze zwei und drei der Umfrage wider: Jeder zweite Deutsche befürchtet, dass die Lebenshaltungskosten steigen (Vorjahr: 51 Prozent) und dass die Steuerzahler für die EU-Schuldenkrise zur Kasse gebeten werden (Vorjahr: 49 Prozent). “Die Top-Ängste zeugen vom Realismus der Befragten – und vom Vorrang ihrer materiellen Interessen”, kommentiert Prof. Dr. Manfred G. Schmidt, Politikwissenschaftler an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Er berät das R+V-Infocenter seit fast zwei Jahrzehnten bei der Auswertung der Ängste-Studie.

“Die Staatsschulden, die infolge von Corona erheblich gewachsen sind, erfordern beträchtliche Abgabenerhöhungen oder erhebliche Kürzungen öffentlicher Leistungen oder beides – und zwar dauerhaft”, sagt Schmidt. “Das sieht die Mehrheit der Befragten in aller Klarheit.” Die Staatsschulden sind in diesem Jahr auf den Rekordwert von mehr als 2,2 Billionen Euro gestiegen. “Zusätzlich drohen den deutschen Steuerzahlern hohe Lasten durch die EU-Schuldenkrise, da Deutschland in großem Umfang für die Rettung überschuldeter EU-Mitgliedsstaaten haftet.” Auch die Sorge vor höheren Lebenshaltungskosten bildet die Realität ab: Seit Jahresbeginn steigen die Verbraucherpreise kontinuierlich. Professor Schmidt moniert, dass die Politiker auch hier nicht Position beziehen: “Um kräftig steigende Inflationsraten machen Wahlkämpfer gerne einen Bogen – und drücken sich vor der Erörterung von Therapien der Inflationsbekämpfung.”

Am stärksten gesunken: Ängste vor einer Wirtschaftsflaute und vor Arbeitslosigkeit

Die Sorge um die Wirtschaftslage in Deutschland ist jedoch geringer geworden. Sie liegt mit 40 Prozent auf Platz zehn des Rankings. Im vergangenen Jahr – als das Geschäftsleben während der Pandemie erlahmte – lag sie mit 48 Prozent auf Platz vier der Umfrage. “Offensichtlich sind die Befragten erleichtert, dass die Wirtschaft nach dem stärksten Einbruch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wieder in Schwung kommt”, erläutert Schmidt. Mit dem Konjunkturaufschwung sinkt auch die Angst vor Arbeitslosigkeit: Nur knapp ein Drittel der Befragten (31 Prozent; Vorjahr: 40 Prozent) befürchtet steigende Arbeitslosenzahlen. Noch geringer ist die Angst vor dem Verlust des eigenen Jobs (24 Prozent; Vorjahr: 25 Prozent).

Umweltängste bleiben moderat – bis zur Flutkatastrophe

In der regulären Umfrage bleiben die Umweltsorgen etwa auf dem Niveau des Vorjahres: 41 Prozent der Befragten haben große Angst vor häufigeren Naturkatastrophen und Wetterextremen (Platz 8; Vorjahr: 44 Prozent, Platz 5). Vor den Auswirkungen des Klimawandels fürchten sich wie im vergangenen Jahr 40 Prozent der Deutschen. “Die Unwetter im Juni haben die Ängste nicht geschürt, obwohl schon zu dieser Zeit Starkregen, Sturm und Hagel in vielen Teilen Deutschlands schwere Schäden anrichteten”, sagt Römstedt.

Das ändert sich jedoch nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. “Da die Ängste-Umfrage zu dieser Zeit bereits abgeschlossen war, haben wir Ende Juli in einer Online-Umfrage weitere 1.000 Bürger nach ihren Umweltängsten befragt”, erklärt Römstedt. “Die dramatischen Bilder von zerstörten Häusern und die Nachrichten über zahlreiche Tote und Vermisste haben die Umweltängste auf Rekordwerte getrieben.” Naturkatastrophen und Extremwetter ängstigen nun 69 Prozent aller Bürger. 61 Prozent der Befragten sind besorgt, dass der Klimawandel dramatische Folgen für die Menschheit hat. Damit liegen die Ängste bei der Online-Umfrage um mehr als 20 Prozentpunkte über den Normalwerten.

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Laura Jahn

Von Laura

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