Dass Dietmar Possart schwul ist, will er sich lange Jahre nicht eingestehen. Zu sehr ist er Nachkriegskind, zu stark sein Drang, sich anzupassen. Doch irgendwann will Leben gelebt sein. Und Dietmar Possart findet seinen Weg, auf den er in seiner Autobiografie „Endspurt“ mit Mut machendem Optimismus zurückblickt.
Geboren in Cranz bei Königsberg im Jahr 1944 ist Dietmar Possart ein Flüchtlingskind im kleinen oberbayerischen Bauerndorf Aschau am Inn. Die Kindheit ist geprägt vom „Hamstern“ – dem Betteln nach Nahrung – auf den Bauernhöfen im Umland und Erfahrungen von Kälte und Armut. Eine Nachkriegskindheit, der Possart mit Fleiß und Disziplin in den Wirtschaftswunderjahren entflieht.
Es folgen Jahre, die Possart präzise in klarer, schnörkelloser Sprache beschreibt und die so typisch sind für diese Zeit. Die Bauernbuben in Aschau, die diversen „Fräulein“, die als Grundschullehrerinnen dem Kleinen die Grundlagen einer Schulbildung eintrichtern, und die eigene Familie, die in dieser Aufbruchszeit alles verdrängt, was mit der jüngsten deutschen Vergangenheit und auch mit der Orientierung ihres Sohnes zu tun hat.
In diese Zeit passt weder sein Schwul-Sein noch der noch unformulierte Wunsch, dies auszuleben. Eine erste homosexuelle Beziehung endet in Enttäuschung. So entschließt sich Possart, ein „ganz normales“ Leben zu führen. Heiratet, wird Vater zweier Kinder, arbeitet an einer Konzern-Karriere. Ein Leben, das passgenau zu sein scheint. Inmitten dieser Alltäglichkeit beginnt Possart, eigene Wege zu gehen, um dem gleichgeschalteten Mann zu entkommen, zu dem er geworden ist. 1982 bricht er endgültig aus Ehe und Karriere aus. Er gründet eine eigene Firma und führt diese in die finanzielle Unabhängigkeit.
Mit Ralph begegnet ihm der Mann, mit dem er schließlich 24 Jahre seines Lebens verbringt und den er über alles liebt. Nach dessen plötzlichen Tod, der ihn jeglichen Lebensmut raubt, findet er mit Horst neue Zuversicht und einen neuen Lebenspartner.
Dieses in seinen Stationen so charakteristische deutsche Nachkriegs-Leben, aber auch die Brüche seiner sexuellen Orientierung beschreibt er mit feinem Humor und sanften Federstrichen, die glaubhaft machen, dass Dietmar Possart ein glücklicher Optimist ist. Ein Mann, der über sich sagt: „Bis jetzt höre ich jeden Morgen gerne das Klingeln des Weckers und stehe immer noch vergnügt auf. Schließlich warten noch jeden Tag neue Herausforderungen auf mich.“ Sinniger kann eine Lebensgeschichte im Endspurt nicht enden.
Endspurt. Biografie eines Optimisten
Paperback, 231 Seiten, € 14,90 (D)
Verlag des Biographiezentrums / Kaufering
ISBN 978-3-940210-93-7
Dietmar Possart wurde 1944 in Cranz bei Königsberg als Flüchtlingskind geboren. In den Nachkriegs-Wunderjahren verleugnet er lange sein Schwul-Sein. Doch mit dem Bruch mit den bürgerlichen Vorstellungen, dem Aufbau der eigenen Firma und in der Beziehung zu seinem Lebenspartner und nach dessen Tod mit einem neuen Partner findet er innere Freiheit und Lebensglück. Dabei sieht sich der erfolgreiche Unternehmer auch heute im „Endspurt“ seines Lebens als optimistischen Menschen, der die Herausforderungen seines Lebens – seien sie beruflich oder menschlich – gerne angenommen hat.