Fr. Aug 23rd, 2024

Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse

Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse ist als rechtliche Problematik in den vergangenen Jahren erheblich mehr in den Fokus gerückt, da immer mehr Schüler die Hochschulzugangsberechtigung (HZB) im Ausland erwerben. Dazu ist erst vor wenigen Tagen eine Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg zur Anerkennungsfähigkeit eines englischen General Certificate of Education (GCE A/AS) ergangen.

Wir gehen in diesem Beitrag zunächst auf die Grundlagen der Anerkennung ein und führen dann einige konkrete Fälle der letzten Jahre vor:

Die Feststellung der Gleichwertigkeit der (ausländsichen) HZB ist eine Zulassungsvoraussetzung. Als solche muss sie – in der Regel – spätestens zum Zeitpunkt der beantragten Zulassung vorliegen (nur im Ausnahmefall erst bei der Immatrikulation). Dies ist von der jeweiligen Hochschule im Rahmen der Zulassungsentscheidung zu prüfen.

Maßgeblich für die Frage, ob die Anforderungen für die in den jeweiligen Landeschulgesetzen vorgesehenen Abschlüsse oder Studienberechtigungen erfüllt sind, sind stets die – rechtlich als antizipierte Sachverständigengutachten zu berücksichtigende – Bewertungsvorschläge der beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz (KMK) eingerichteten Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB).

Maßgeblich ist die Gleichwertigkeit mit dem deutschen Abitur. Insoweit ist maßgeblich die Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung [Beschluss der KMK vom 07.07.1972 in der Fassung (i.d.F.) vom 15.02.2018], die die in der “Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II” [Beschluss der KMK vom 07.07.1972 i.d.F. vom 08.12.2016] und der “Vereinbarung über die Abiturprüfung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II” [Beschluss der KMK vom 13.12.1973 i.d.F. vom 08.12.2016] enthaltenen Regelungen formal zusammenfasst:

www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/1972/1972_07_07-VB-gymnasiale-Oberstufe-Abiturpruefung.pdf

Zwar sind die Beschlüsse der KMK keine Rechtsvorschriften; sie setzen kein Recht, sondern geben Empfehlungen für eine einheitliche Verwaltungspraxis (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.01.1999 – BVerwG 6 B 19/98). Dies gilt erst recht für die Bewertungsvorschläge der ZAB, die eine Abteilung des Sekretariats der KMK ist. Die Rahmenordnung und die Bewertungsvorschläge sind jedoch bei der Prüfung der gemäß Schulgesetz maßgeblichen Gleichwertigkeit als sogenanntes “antizipiertes Sachverständigengutachten” von einer Behörde oder einem Gericht grundsätzlich zu beachten (OVG Berlin vom 05.04.2006 – OVG 8 N 55.04; VGH Mannheim vom 13.10.2000 – 9 S 2236.00). Es ist jedoch stets zu prüfen, ob Anhaltspunkte vorliegen, die es rechtfertigen könnten, im konkreten Fall von den Bewertungsvorgaben abzuweichen, insbesondere ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, anzunehmen, die Vorschläge seien methodisch zweifelhaft oder sachlich überholt.

Im konkreten Fall reichte das vorgelegte Zeugnis nicht aus: Das nach dem englischen Bildungssystem erworbene “General Certificate of Education – Advanced Level” (GCE AL) in Verbindung mit dem “General Certificate of Education – Advanced Subsidiary Level” (GCE AS) entsprach nicht den Anforderungen für die im (Berliner) Schulgesetz vorgesehenen Abschlüsse oder Studienberechtigungen. Nach den – wie oben berichtet – als antizipierte Sachverständigengutachten zu berücksichtigenden Bewertungsvorschlägen der ZAB für Abschlüsse aus Wales, England und Nordirland eröffne das Zeugnis GCE AL in Verbindung mit GCE AS den direkten, fachgebundenen Hochschulzugang u.a. nur dann, wenn vier Prüfungsfächer nachgewiesen würden, unter denen eine Sprache sowie Mathematik oder eine der Naturwissenschaften Biologie, Chemie oder Physik vertreten sein müssten. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Zeugnissen zählten zu ihren Prüfungsfächern aber weder Mathematik noch eine Naturwissenschaft. Vielmehr habe sie GCE-Prüfungen in den Fächern Deutsch, Englisch und Französisch (AL) sowie in Psychologie und Kunst (AS) abgelegt. Bedenken gegen die Bewertungsvorschläge der ZAB bestanden nicht. In Deutschland muss unter den Abiturprüfungsfächern u.a. mindestens ein Fach aus jedem der drei Aufgabenfelder des Pflichtbereichs sein. Hierzu gehört neben dem sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfeld und dem gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld auch das mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Aufgabenfeld mit den Fächern Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie und Physik. Insofern erschien es dem Gericht sachgerecht, bei der Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Schulabschlüsse eine vergleichbare Breite der schulischen Bildung zu fordern. Weitergehende Rechte der Antragstellerin ergaben sich weder aus dem Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (Lissabon-Konvention) noch aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

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Andreas Twinkler

Von prgateway

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