Do. Aug 8th, 2024

Die neue Version des weltweit gültigen Standards für Prüf- und Kalibrierlabore erschien in englischer Fassung im November 2017 und löst die Vorgängerversion ISO/IEC 17025:2005 damit endgültig ab. Die dreijährige Übergangsfrist für die Umstellung auf die neue ISO/IEC 17025:2017 (in Deutschland ISO/IEC 17025:2018) wird am 30.11.2020 enden. Bereits zertifizierte Labore, die ihre Akkreditierung basierend auf der alten ISO/IEC 17025:2005 am 01.12.2020 nicht verlieren wollen, müssen sich schleunigst an die Umstellung auf die neue Fassung des Standards machen. Wolfgang Rhein, Gründer und Geschäftsführer der Qualitätsmanagement-Beratung Rhein S.Q.M. GmbH, die Organisationen unter anderem auch im Bereich der Prüf- und Kalibrierlabore berät, empfiehlt die Umstellung im Rahmen der regulären Überwachungsaudits oder einer Reakkreditierung zu beantragen.

Kosten im Blick

Die Grundidee der Norm stellt wohl niemand in Frage, schließlich werden durch die Norm Labor- und Kalibrierergebnisse länderübergreifend vergleichbar und die technisch kompetente Ermittlung wird sichergestellt. Das Problem bei der landläufig “Labornorm” genannten ISO/IEC 17025 liegt wie so oft in den Kosten. Die Akkreditierung der Norm ist im Vergleich zu anderen Zertifizierungen aufwändiger und kostenintensiver. Es ist für Labore herausfordernd, die Anforderungen der Norm neben dem eigentlichen Tagesgeschäft zu stemmen. Die so anfallenden Zertifizierungskosten können meist nicht ohne weiteres auf den Kunden umgelegt bzw. weiterberechnet werden und müssen oft weitestgehend von den Laboren selber getragen werden. “Insbesondere”, da ist sich Wolfgang Rhein sicher, “gilt das für kleinere Prüf- und / oder Kalibrierlabore.” So muss beispielsweise ein Prüflabor mit unter 10 Mitarbeitern, das ausschließlich Teile prüft und nicht kalibriert (!) mit folgenden Aufwänden rechnen: Die externen Kosten liegen bei einer Vorbereitungszeit von zwei Jahren mit entsprechenden Beratungs- und Umsetzungstagen inklusive der Kosten, die die DAkkS für die 5-Jahres-Akkreditierung veranschlagt bei einem mittleren fünfstelligen Investment. Hinzu kommen noch die internen Personentage. Es ist nicht unrealistisch den internen Aufwand mit bis zu 250 Personentagen anzusetzen. So können sich die Kosten eines Labors für Qualitätsmanagement verdoppeln bis verzehnfachen. Geschäftsführer der Labore müssen ihren Kunden die Notwendigkeit des höheren Aufwands begreiflich machen, dass die dadurch resultierenden Kosten gerechtfertigt sind.

Anforderungen an Labore aus der IATF 16949

Für Unternehmen, die Kunden im Automotive Bereich bedienen, führt kein Weg an der ISO/IEC 17025 vorbei. Die Norm IATF 16949:2016, die als globaler Standard der Automobilindustrie gilt, enthält die Forderung, dass externe Labore nach der ISO/IEC 17025 akkreditiert sein oder auf anderem Weg nachweisen müssen, dass sie den Anforderungen des Kunden genügen. Wolfgang Rhein kennt die erweiterten Anforderungen der IATF 16949 sehr genau, schließlich bereitet er seit vielen Jahren Zulieferer und Hersteller auf die IATF 16949 Zertifizierung vor. Aus seiner Sicht machen diese Formulierungen in der Norm eine Akkreditierung nach ISO/IEC 17025 praktisch unumgänglich. “Denn die alternative Hintertür, die in diesem Norm-Kapitel offengehalten wird, ist meines Erachtens und meiner Erfahrung nach schlicht nicht praxistauglich.” Wer denkt, dass es interne Labore leichter haben, der irrt. Auch für diese Labore hält die IATF 16949 ein Kapitel bereit, in dem schnell klar wird, dass auch interne Labore hohe Anforderungen zu erfüllen haben. Beispielsweise zählen unter anderem auch der Nachweis der Kompetenz sowie der Nachweis der korrekten Anwendung der Prüf- und Kalibriernormen dazu. Damit kommt wieder die ISO/IEC 17025 zum Zug.

Produktfehler können teuer bis tödlich enden

Es ist durchaus verständlich, dass vor allem die Automobilbranche harte Forderungen an ihre Zulieferer stellt, es geht hier schlussendlich um Produkthaftung. Denn werden beispielsweise im Prüfmittelprozess Kalibrierungen nicht nach dem Stand der Technik durchgeführt, die notwendigerweise zu wissende Messunsicherheit nicht ermittelt, festgestellte Messabweichungen somit falsch interpretiert oder sind die eingesetzten Prüf- und Kalibrierverfahren schlichtweg nicht geeignet, ist die Haftung im Zweifel bei demjenigen zu suchen, der die “Sonderfreigabe” erteilt hat. Die ISO/IEC 17025 verlangt unter anderem eine Chancen-Risiken-Betrachtung, um bessere Ergebnisse zu erzielen und zugleich negative Auswirkungen zu vermeiden. Denn beim Automobil und auch in vielen anderen Bereichen kann ein Produktfehler teuer bis tödlich enden. Da ist es nur logisch, dass für die Kalibrierung beispielsweise einer Gemüsewaage für den Supermarkt andere Anforderungen gelten, als für die Kalibrierung des Prüfmittels, das für die Prüfung eines kritischen Merkmals eines Zulieferteiles im Automobil eingesetzt wird. Während Labore in anderen Branchen ohne Akkreditierung noch eine Weile Kunden akquirieren können, wird es für Labore im Automobilzuliefererbereich ohne Zertifizierung nach ISO/IEC 17025 quasi unmöglich werden, Prüf- oder Kalibrieraufträge zu bekommen.

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Andreas Twinkler

Von prgateway

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