Bis in die 1950er Jahre war Chloralhydrat als Schlafmittel weit verbreitet. Viele Menschen setzten es sogar regelmäßig ein. Nach der Entdeckung der Benzodiazepine verlor es jedoch schnell an Bedeutung. Heute wird es aus mehreren Gründen nur noch selten verschrieben.
Chloralhydrat ist in Deutschland vor allem unter der Marke Cloraldurat bekannt. Verwendet wird es zur kurzfristigen Behandlung von schwerer Schlaflosigkeit, die das normale tägliche Leben beeinträchtigt und bei der andere Arzneimittel versagt haben. Es gilt als das älteste synthetische Schlafmittel der Welt. Seine Wirkung beruht darauf, dass es die Aktivität des Botenstoffs GABA im Gehirn verstärkt.
Chloralhydrat als Schlafmittel?
Bis in die 1950er Jahre war es eine gute Alternative zu den damals ebenfalls sehr beliebten Barbituraten. Letztere sind zwar auch sehr potente Schlafmittel, haben aber ein so schmales therapeutisches Fenster, dass es immer wieder zu Todesfällen kam, weil Patienten aus Versehen eine zu hohe Dosis genommen haben. Bei Chloralhydrat besteht dieses Gefahr zwar auch, es ist aber insgesamt etwas sicherer in der Anwendung.
Mit der Entdeckung der Benzodiazepine verloren die Barbiturate ebenso wie Chloralhydrat als Schlafmittel schnell an Bedeutung. Mit Librium ab 1960 und Valium ab 1963 standen endlich Medikamente mit einer ähnlichen Wirkstärke zur Verfügung, bei denen jedoch eine Vergiftung aus Versehen fast nicht möglich ist. Noch sicherer sind die später entdeckten Z-Medikamente.
Auch für andere frühere Anwendungen von Chloralhydrat, zum Beispiel Keuchhusten, Neuralgien, Chorea Huntington oder die Seekrankheit, sind heute bessere Mittel verfügbar. Zum Einsatz kommt es fast nur noch bei älteren Patienten, die ein Schlafmittel benötigen, aber auf Z-Drugs oder Benzodiazepine paradox reagieren.
Chloralhydrat macht schneller abhängig als Benzodiazepine und weist auch sonst eine Reihe von Risiken auf. Wer sich dafür entscheidet, muss sich streng an die vom Arzt getroffenen Vorgaben zur Dosierung halten, um die Risiken zu minimieren. In den USA ist der Wirkstoff nicht mehr zugelassen, es gibt aber nun vereinzelt Anbieter, bei denen man Chloralhydrat rezeptfrei kaufen kann. In Deutschland ist das Medikament unter der Marke Chloraldurat bis auf Weiteres noch auf Rezept erhältlich. Es wird in Weichkapseln mit 250 mg und 500 mg angeboten. Darüber hinaus gibt es eine flüssige Lösung namens Nervifène, die vor allem in der Schweiz verbreitet ist.
Andere Anwendungen
Chloralhydrat findet heute vor allem in der botanischen Forschung Anwendung. Will man zum Beispiel ein Stück einer Pflanze unter dem Mikroskop betrachten, ist oft eine Aufhellung von Vorteil. Dieser Effekt lässt sich mit Chloralhydrat erreichen, ohne das Gewebe zu schädigen. Außerdem wird aus Chloralhydrat und Glukose das Rodentizid Chloralose hergestellt.
Quelle: Chloralhydrat als Schlafmittel