Frankfurt (ots) –
So leicht wie in diesem Jahr werden es Unternehmen, die an die Börse streben, nicht so bald noch einmal haben. Aktienindizes auf Rekordhoch, niedrige Volatilität und Finanzinvestoren auf der Suche nach einem lukrativen Ausstieg aus ihren Beteiligungen bilden die Basis der zurückliegenden IPO-Welle, die in Europa so groß war wie seit 2007 nicht mehr. Billionenschwere staatliche Konjunkturprogramme und ein zunächst noch offener Geldhahn der Notenbanken trugen dazu bei, dass Aktien angesichts der Nullverzinsung von Anleihen beinah alternativlos erschienen.
Das beginnt sich jetzt zu ändern. Die vierte und fünfte Corona-Welle samt Lieferengpässen und die vielerorts munter trabende Inflation, die die Einschränkung der Anleihekäufe durch Notenbanken samt bald folgenden Zinserhöhungen unausweichlich erscheinen lassen, machen das Umfeld für Börsengänge deutlich schwieriger.
Noch verbreiten Investmentbanker den üblichen Zweckoptimismus für eine erhoffte nächste IPO-Welle im Frühling. “Die Pipeline ist voll”, tönt es unisono aus allen Frankfurter Hochhausetagen. Das stimmt zunächst einmal auch. Allein in Deutschland stellen sich zwei Dutzend Unternehmen in die lange Schlange der potenziellen Börsenkandidaten – darunter so große wie die VW-Sportwagentochter Porsche, möglicherweise auch die Ex-Thyssenkrupp-Aufzugssparte TK Elevator oder der Ölkonzern Wintershall Dea. Doch für einige Unternehmen wird sich die volle Pipeline als ein dünnes Rohr erweisen, das zu eng ist, um durchzuschlüpfen. In Deutschland haben der Online-Optiker Mister Spex und der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 mit ihrer schlechten Kursentwicklung gezeigt, wie viel Geld Investoren mit IPO-Aktien verlieren können. Europaweit zwei Dutzend Absagen gab es bereits: Der Speziallogister Transoflex, der Uhrenhändler Chronext und die Sprachlern-App Babbel etwa mussten hierzulande ihr IPO mangels ausreichender Nachfrage der wählerischer werdenden Investoren abbrechen.
Angesichts historisch hoher Aktienbewertungen wächst die Gefahr einer kräftigen Korrektur. Die Kurse gelten als ausgereizt. Dass Aktien nicht alternativlos sind, beweist der kalifornische Pensionsfonds Calpers – mit 500 Mrd. Dollar Volumen eine der größten Kapitalsammelstellen der Welt. Calpers-Chefin Marcie Frost erhöht den Private-Equity-Anteil am Portfolio von 8 auf 13 Prozent, und der Aktienanteil sinkt von 50 auf 42 Prozent. Auch andere Häuser ordnen die Zuteilung von Kapital neu. Bis sich der Pulverdampf verzogen hat, könnte noch so mancher Börsengang auf der Strecke bleiben.
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