Damit ein selbst geschriebenes und unterschriebenes Dokument als Testament anerkannt wird, muss es nicht unbedingt so bezeichnet sein. Auch mit der Überschrift “Vollmacht” kann es sich um ein rechtsgültiges Testament handeln. Dies entschied laut D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) das Oberlandesgericht Hamm.
OLG Hamm, Az. 10 U 64/16
Hintergrundinformation:
Oft entsteht Streit um die Frage, ob der schriftlich niedergelegte letzte Wille eines Menschen tatsächlich ein Testament darstellt. Manche nutzen ungewöhnliche Materialien, um darauf zu schreiben. Oder sie wählen für das Dokument eine ganz andere Bezeichnung als beispielsweise “Testament” oder “letzter Wille”. Ist nicht klar, ob etwas als Testament anzusehen ist, sehen sich die Gerichte die Umstände des Einzelfalles und die Formulierungen sehr genau an. Der Fall: Eine Frau hatte in einem Schriftstück, das als “Testament” überschrieben war, festgelegt, dass ihre beiden Schwestern nach ihrem Tod je zur Hälfte Erben ihres Einfamilienhauses sein sollten. Sie hinterließ aber noch zwei weitere Schriftstücke. Diese waren mit “Vollmacht” überschrieben. Darin bestimmte sie, dass ihre Nichte berechtigt sein sollte, über ihren Tod hinaus über ihren Bausparvertrag zu verfügen und sich “das Geld auszahlen zu lassen”. Darüber hinaus gewährte die Frau ihrer Nichte Zugriff auf das Vermögen auf sämtlichen Konten und Sparbüchern bei ihrer Bank – insgesamt rund 63.000 Euro. Zwischen den Verwandten kam es schnell zum Streit, ob es sich bei den beiden Schriftstücken lediglich um Kontovollmachten ohne Festlegung von Erbansprüchen handelte oder aber um letztwillige Verfügungen mit einer Regelung, wer das Geld endgültig bekommen sollte. Eine der Schwestern beharrte darauf, aufgrund des Testaments hälftige Miterbin auch des Geldvermögens zu sein. Die Nichte verklagte sie. Das Urteil: Das Oberlandesgericht Hamm erkannte nach Informationen des D.A.S. Leistungsservice den Anspruch der Nichte an. Für ein Testament sei entscheidend, dass es komplett eigenhändig und handschriftlich verfasst und unterschrieben sei. Dies sei bei den beiden Vollmachten der Fall. Beide seien nicht als reine Kontovollmachten anzusehen, weil die Erblasserin bereits der Mutter der Klägerin eine postmortale Bankvollmacht und Zugriff auf ihre Konten erteilt habe. Einer weiteren Person eine solche Vollmacht zu erteilen, sei nicht erforderlich. Die Erblasserin habe die Vollmachten zusammen mit dem Testament in ihrer Wohnung aufbewahrt und nicht bei der Bank hinterlegt. Auch Formulierungen wie “sich das Guthaben auszahlen lassen” sprächen für eine letztwillige Zuwendung an die Nichte.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11. Mai 2017, Az. 10 U 64/16
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