Bei einer Kreuzfahrt darf der Reiseveranstalter keine “Trinkgeldempfehlung” in den Vertrag aufnehmen. Eine solche Regelung sieht vor, dass jeden Tag eine feste Servicepauschale vom Bordkonto des Reisenden abgebucht wird, solange dieser nicht widerspricht. Derartige Vertragsklauseln sind unwirksam. Dies hat laut Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), das Oberlandesgericht Koblenz entschieden.
Worum ging es bei Gericht?
Das Prospekt eines Reiseveranstalters für Kreuzfahrten enthielt eine sogenannte “Trinkgeldempfehlung”. Sie besagte, dass den Passagieren pro Person und Nacht automatisch jeweils zehn Euro als Servicepauschale von ihrem Bordkonto abgebucht werden. Über dieses Konto erfolgte die Abrechnung aller Ausgaben der Passagiere an Bord des Schiffes, von Getränkebestellungen bis zur Buchung von Landausflügen. Die Reisenden hatten die Möglichkeit, die Servicepauschale an der Rezeption zu streichen oder zu ändern. Ein Verbraucherverband war der Ansicht, dass diese “Widerspruchslösung” die Reisenden unangemessen benachteilige. Die Klausel sei unwirksam. Der Verband forderte den Reiseveranstalter auf, diese Formulierung nicht mehr zu verwenden. Dieser sah sich jedoch im Recht und änderte nichts.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht Koblenz stellte sich auf die Seite der Verbraucher. Dem Gericht zufolge sei der Inhalt des Reiseprospekts mit Unterzeichnung des Reisevertrags Vertragsbestandteil geworden. Die Angaben im Prospekt müssten daher den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches für Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprechen. Durch die “Widerspruchslösung” bei der Trinkgeldpauschale verpflichte sich der Reisende stillschweigend, über den Reisepreis hinaus Zahlungen zu leisten. “Genau das ist aber nach § 312a Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches unzulässig”, erklärt Michaela Rassat. “Ein Unternehmen darf einen Verbraucher nur durch eine klare, ausdrückliche Vereinbarung zu zusätzlichen Zahlungen verpflichten. Dafür hätte sich der Reiseveranstalter die ausdrückliche Zustimmung der Passagiere zu den Zahlungen einholen müssen. Eine “Widerspruchslösung” reicht nicht aus.” Die Regelung als “Empfehlung” zu bezeichnen, ändere laut Gericht daran nichts. Wenn etwas bei fehlendem Widerspruch als akzeptiert gelte, sei es nicht mehr unverbindlich. “Das Gericht entschied, dass der Reiseveranstalter die entsprechende Klausel in seinen Prospekten und Verträgen nicht mehr verwenden darf”, so die D.A.S. Juristin.
Was bedeutet das für Verbraucher?
Verbraucher sollten in Reiseprospekten und -verträgen besonders bei Kreuzfahrten auf solche oder ähnliche Klauseln achten. Der Veranstalter kann dem Reisenden keine zusätzlichen Zahlungen auferlegen, nur weil dieser nicht widerspricht. “Solche Regelungen sind nicht rechtswirksam, da sie Verbraucher unangemessen benachteiligen. Nur eine ausdrückliche Vereinbarung führt zu einer Zahlungspflicht”, so die Rechtsexpertin.
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 14. Juni 2019, Az. 2 U 1260/17
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