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(Moskau/Berlin/Dresden, 29. September 2020)
Michail Turetsky plant, die Gastauftritte seines Männerchores und der Frauenband Soprano in Deutschland zur fest etablierten Institution zu machen. Die bisherigen Aufführungen waren in Deutschland so erfolgreich, dass er künftig jedes Jahr mit seiner Künstlertruppe in das Land kommt, das vor 75 Jahren durch die Rote Armee von den Nationalsozialisten befreit wurde. Mit den “Liedern des Sieges” will der Gründer und Leiter des Turetsky-Chores jedes Jahr an das Endes Zweiten Weltkrieges erinnern. Diesen Plan gab Michail Turetsky am Rande seiner Aufführungen vom Wochenende in Dresden und Berlin im Gespräch mit Journalisten bekannt.

In Dresden ließen sich an die 700 Zuschauer nicht vom kühlen Regenwetter des Samstags abhalten, das Open-Air-Konzert auf dem Neumarkt vor der Dresdner Frauenkirche begeistert mitzuerleben. Auch auf dem Gendarmenmarkt in Berlin spielte die Temperatur keine Rolle. Ursprünglich hätte der Auftritt schon im Mai bei vermutlich besserem Wetter stattfinden sollen, doch Corona durchkreuzte die Tourneepläne.

Die Vorsicht vor der Pandemie begleitete die Künstler und das Publikum auch den ganzen Abend lang. Abstandsregeln und Maskenpflicht unter den Zuschauern wurden rigoros eingehalten, und die Stars hatten sich in allen acht europäischen Städten ihrer diesjährigen Tournee stets testen lassen. An manchen Orten, so Turetsky, verspätete sich der Beginn der Aufführung sogar, weil die Ergebnisse der Covid-19-Tests abgewartet werden mussten. Einmal musste wegen des strengen örtlichen Hygienekonzepts sogar der Schauplatz vom zentralen Hauptplatz in einen Park verlegt werden. Der Stimmung tat das keinen Abbruch.

Turetsky erinnerte an den damaligen Sieg über Hitler-Deutschland und ergänzte: “Im Jahr 2020 stehen wir vor neuen Herausforderungen: Wir brauchen heute einen Sieg über die Pandemie!” Das Motto der – von der Moskauer Stadtregierung und dem russischen Außenministerium unterstützten – Konzertreihe hieß denn auch: Musik für Frieden und Gesundheit.

Ludwig van Beethovens Ode an die Freude war der Einstieg in einen fulminanten Abend, der eineinhalb Stunden lang die Gefühle bearbeitete. Dresden ist wegen der Kriegszerstörung und der russischen Aufbauhilfe nicht nur sehr bekannt in Russland, die Landeshauptstadt gilt auch als Hochburg der russischen Community in Deutschland. Das allein garantierte den Erfolg der Darbietungen. Johann Sebastian Bachs “Ave-Maria”, gesungen von einem Countertenor im Mafia-Look, gefolgt von den bekanntesten russischen Volksliedern wie Kalinka und Katjuscha, von Ohrwürmern internationaler Schlager, von Soldatenliedern und klassischen Meisterstücken von Giacomo Puccini (Turandot) und Wolfgang Amadeus Mozart (Zauberflöte). Jüdische Lieder erinnerten daran, dass der Turetsky-Chor 1982 ursprünglich aus einer Moskauer Synagoge hervorging.

Warum es Turetsky ein so großes Anliegen ist, auch künftig regelmäßig einmal im Jahr in Deutschland aufzutreten, erklärt er mit dem Versprechen, das er seinem Vater vor dessen Tod gegeben hatte. Der Vater war als Soldat der Roten Armee an der Befreiung Berlins beteiligt gewesen und schilderte die grauenhaften Kriegserlebnisse seinem Sohn so eindrücklich, dass sie den jungen Turetsky nicht mehr losließen und er sich mit seinen künstlerischen Mitteln gegen jegliche weitere Kriegsgefahr einsetzen wollte. Dass er dies auch in Deutschland selbst verwirklichen und die Botschaft der Völkerfreundschaft musikalisch verbreiten könne, wollte der Vater nicht glauben. Der Vater habe dem Sohn geantwortet: “Das schaffst du nicht. Es wird dir nicht erlaubt werden.” Doch Michail Turetsky schaffte es, mit den Chorauftritten jedes Jahr einen “großen Feiertag der Freundschaft” zu veranstalten.

Der Botschafter der Russischen Föderation, Sergej Netschajew, betonte am Rande der Berliner Aufführung am Sonntag, Kultur und Kunst seien immer eine positive Agenda, “auch wenn manchmal Unebenheiten auftauchen”. Die Herzlichkeit und Wärme, mit der das Ensemble in Deutschland empfangen werde, sei besser als jedes Befremden. “Kultur bringt die Völker näher.”

In Dresden war der russische Generalkonsul Andrey Dronov, zuständig für Sachsen und Thüringen, Ehrengast. Er erklärte den Journalisten, warum das schlechte Wetter unter seinen Landsleuten niemanden abschrecke. “Niemand von uns hat Angst vor solchem Wetter, für Russen ist das so etwas wie der Höhepunkt des Sommers.”

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Andreas Twinkler

Von prgateway

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