Fr. Jun 28th, 2024

Düsseldorf (ots) –

Um die angesichts fundamentaler Umbrüche notwendige Transformation der deutschen Wirtschaft in allen Segmenten zu unterstützen, müssen auch Banken sich transformieren. Mit einem ambitionierten Erneuerungskurs kann der deutsche Bankensektor sein operatives Ergebnis bis 2030 um 30 bis 40 Milliarden Euro verbessern und seine Eigenkapitalrendite auf mindestens 7-8 % katapultieren – und damit gegenüber dem 2,9 % Durchschnitt der letzten fünf Jahre nach Steuern mehr als verdoppeln. Dies geht aus dem Report “Deutschlands Banken zurück im Spiel” hervor, den die Unternehmensberatung McKinsey & Company heute veröffentlicht hat.

Starke Ausgangsposition, schlechte Performance

“Die deutschen Banken bleiben das Herzstück der deutschen Wirtschaft”, sagt Max Flötotto, Senior Partner und Leiter der deutschen Banking Practice bei McKinsey. “Aufgrund disruptiver Umbrüche bei Technologie, Demografie und Klima steht die deutsche Wirtschaft in allen Segmenten vor einer fundamentalen Transformation. Um, bildlich gesprochen, im Spielplan der deutschen Wirtschaft auch künftig eine starke Rolle zu spielen, müssen Banken sich ebenfalls erneuern.”

Würden deutsche Banken weitermachen wie bisher, drohen laut Analyse von McKinsey anhaltende Marktanteilsverluste für klassische Banken, sinkende Ergebnisse und eine Eigenkapitalrendite (Return on Equity, RoE, nach Steuern), die bis 2030 gegen 0 % tendiert. 2015 bis 2019 lag der durchschnittliche RoE nach Steuern deutscher Banken bei 2,9 %. Falls Banken ihre aktuellen Inititiaven fokussieren und verstärken, insbesondere im Bereich Digitalisierung und Kundenorientierung, ist dagegen ein RoE-Szenario nach Steuern von zumindest 3-4 % zu erreichen. Mit einem ambitionierten Erneuerungskurs könnte sich das operative Ergebnis des deutschen Bankensektors laut McKinsey bis 2030 um 30 bis 40 Milliarden Euro (exkl. Steuern und außerordentliche Erträge/Kosten) verbessern – womit deutsche Banken erforderliche Investitionen in die Digitalisierung und die Beschleunigung der ESG-Umstellung tätigen könnten. Gleichzeitig könnten Banken mit einem ambitionierten Erneuerungskurs ihre Eigenkapitalrendite bis 2030 auf mindestens 7-8 % nach Steuern steigern. Dieses Rentabilitätsniveau würde ein operatives Ergebnis von 70 bis 80 Basispunkten der durchschnittlichen Bilanzsumme oder einen Nach-Steuer-Gewinn von 40 bis 45 Milliarden Euro bedeuten.

“7-8 % Eigenkapitalrendite nach Steuern sind ambitioniert, aber durchaus erreichbar, wie die Wertentwicklung von Banken in anderen Märkten und die der besten Institute in Deutschland zeigt. Eine Performance auf diesem Niveau würde ein positives Signal an die besten Talente senden, dem Bankensektor helfen, seine Bedeutung zu wahren, und neue Investoren anlocken”, sagt Max Flötotto.

Zwei von drei Bankentscheidern halten daher eine radikale Veränderung in der deutschen Bankenlandschaft für notwendig, so das Ergebnis einer Umfrage, die McKinsey im Januar und Februar 2021 geführt hat.

Die Basis dafür ist stark: Die Finanzbranche erwirtschaftet pro Jahr Erträge von mehr als 150 Milliarden Euro. Insgesamt fließen jedes Jahr rund 10 Billionen Euro durch das deutsche Finanzintermediationssystem. Im Vergleich zu anderen Akteuren des deutschen Finanzsystems haben Banken einen hohen Finanzierungsanteil: Rund 65 % der Vermögenswerte stehen in den Bilanzen der Banken, im globalen Durchschnitt sind es weniger als 50 %. Aus Verbrauchersicht ist die Bankenlandschaft attraktiv: In Großbritannien und Frankreich zahlen Verbraucher für alltägliche Bankenleistungen im Schnitt mehr als doppelt so viel wie in Deutschland (durchschnittlich 130 Euro pro Kunde p.a.); in Italien und Spanien zahlen sie fast dreimal so viel. Auch die Filialdichte bleibt mit 2,9 Bankfilialen auf 10.000 Einwohner (England: 1,3, Schweden: 1,2) über dem Schnitt. Die Stabilität nach der Finanzkrise kann sich ebenfalls sehen lassen: Das durchschnittliche Rating deutscher Banken liegt im Jahr 2021 bei A+, wobei 75 % der Banken besser als A- bewertet werden, während das durchschnittliche Rating europäischer Banken bei A mit 25 % unterhalb eines BBB-Ratings liegt. Auch die Covid-19-Pandemie haben deutsche Banken gut überstanden; 79% der Privatkunden war mit den digitalen Kanälen ihrer Bank zufrieden.

“Trotz der starken Fundamentaldaten: Die Erfolgsfaktoren deutscher Banken verlieren erkennbar an Kraft”, so Reinhard Höll, Partner im Düsseldorfer Büro von McKinsey und ebenfalls Autor der Studie.

Die Erträge des deutschen Bankenmarktes – lange Zeit parallel zum deutschen BIP stetig gewachsen – sanken seit 2010 um 8 % auf 119 Milliarden Euro, während das BIP um 35 % wuchs. Die operativen Kosten stiegen im gleichen Zeitraum um knapp 10 %. Diese Steigerung liegt rund 50 % über dem Durchschnitt aller europäischen Banken. Das operative Ergebnis schrumpfte entsprechend um 30 % seit 2010. Der Fünf-Jahres-Durchschnitt der Eigenkapitalrendite (ROAE) deutscher Banken nach Steuern liegt heute bei 2,9 %, und damit unter dem Durchschnitt von Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien, der bei etwa 3,7 % liegt. Dies schlägt sich nieder: Der Anteil von Finanz- und Bankdienstleistungen an der gesamten Bruttowertschöpfung ist in Deutschland stärker zurückgegangen als in vielen anderen Ländern – von 3,8 % im Jahr 2005 auf 2,3 % 2018. Der Beitrag deutscher Banken zur Marktkapitalisierung der DAX-Familie brach von 11,2 % (2005) auf 1,4 % (2020) ein. Ausländische Banken, Spezialisten ohne Banklizenz und digitale Angreifer haben den heimischen Banken im vergangenen Jahrzehnt 5-15 Prozentpunkte Marktanteile abgenommen.

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Laura Jahn

Von Laura

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