Laut Wettervorhersage kommt der Winter zurück. Einhergehend mit einer deutlichen Abkühlung kann es im Westen für eine kleine Schneedecke reichen, in den Mittelgebirgen werden größere Schneemengen zusammenkommen. Die wirklich unangenehmen Seiten von Schnee und Eis zeigen sich, sobald es um die Räum- und Streupflicht geht. Inhalt und Umfang dieser sogenannten Verkehrssicherungspflicht erläutern ARAG Experten.
Grundstückseigentümer sind in der Pflicht
Zwar haben zunächst die Kommunen die Pflicht, öffentliche Gehwege von Schnee und Eis zu befreien. Üblicherweise ist diese Pflicht aber durch kommunale Satzungen auf die Eigentümer der anliegenden Grundstücke übertragen. Hauseigentümer und Vermieter können ihrerseits die Pflicht, vor dem Haus Schnee zu räumen und gegebenenfalls die Gehsteige zu streuen, auf ihre Mieter abwälzen. Ob man als Mieter schippen und streuen muss, steht im Mietvertrag oder in der Hausordnung. Letztere muss aber ausdrücklich Bestandteil des Mietvertrags geworden sein. Der Vermieter muss nur noch die Einhaltung des Räum- und Streudienstes überwachen. Entsteht dann ein Schaden, weil zum Beispiel jemand auf dem glatten Boden ausrutscht, haftet der Mieter. Eine formlose Benachrichtigung, wie zum Beispiel ein Aushang im Hausflur, reicht aber nach Ansicht der ARAG Experten nicht aus, um die Räumpflicht auf den Mieter zu übertragen (LG Karlsruhe, Az.: 2 O 324/06).
Durchgang reicht
Ob Mieter, Hauseigentümer oder öffentliche Hand für die Verkehrssicherung zuständig sind – es muss ein rutschfester Durchgang von mindestens einem Meter Breite entstehen. Das bedeutet, dass nicht der gesamte unter Umständen breite Fußweg geräumt und gestreut werden muss. Es genügt laut höchstrichterlicher Entscheidung, wenn zwei Personen gefahrlos aneinander vorbeigehen können (BGH, Az.: III ZR 8/03).
Umfang wird durch Verkehrsanschauung bestimmt
Der Räum- und Streupflichtige – egal ob Mieter oder Hauseigentümer – muss dafür sorgen, dass die Gehwege in den allgemeinen Verkehrszeiten gefahrlos zu benutzen sind. Hierunter wird in der Regel die Zeit zwischen 7:00 Uhr und 20:00 Uhr verstanden. Wenn außerhalb dieser Zeit Gäste oder Kunden erwartet werden, erweitert sich die Verkehrssicherungspflicht entsprechend. Am Wochenende setzt die Verkehrssicherungspflicht in der Regel nicht vor 9:00 Uhr ein, besteht aber auf jeden Fall weiter. Schneit es nach 20.00 Uhr weiter, muss in der Regel bis 7.00 Uhr am folgenden Morgen geräumt worden sein. Bei starkem und wiederkehrendem Schneefall muss auch mehrmals am Tag zur Schneeschaufel gegriffen werden. Die Räum- und Streupflicht gilt haftungsrechtlich auch auf Privatwegen. Ein Schild, dass darauf hinweist, man betrete das Grundstück auf eigene Gefahr, befreit den Eigentümer nicht von seiner Verkehrssicherungspflicht. Verbietet eine örtliche Verordnung allerdings den Einsatz von Tausalz, so darf ein Gebäudebesitzer bis zum Ende eines Schneefalls warten, bis er seine Räumpflicht erfüllt. Rutscht vorher jemand auf seinem Grundstück aus, kann er nicht zum Schadensersatz verpflichtet werden. Das geht laut ARAG Experten aus einem Urteil des OLG Bamberg hervor (Az.: 5 U 22/12).
Schadensersatz und Schmerzensgeld
Kommt es zu einem Sturz, weil nicht gestreut wurde, kann der Geschädigte Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen. Anspruchsgegner ist derjenige, der seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung kommt ebenfalls in Betracht.
Salz oder Granulat?
Auf dem Markt sind unterschiedliche Streumittel erhältlich – Granulat und Salz sind die gebräuchlichsten. Fraglich ist, welches Mittel zu benutzen ist. Viele Kommunen verbieten nämlich durch Satzungen den privaten Gebrauch von Salz oder schränken ihn ein. Hintergrund ist, dass der übermäßige Gebrauch von Salz das Grundwasser verschmutzt und Tieren und Pflanzen schadet. An dieser Stelle tut sich ein Spannungsfeld zwischen der Verkehrssicherungspflicht und den kommunalen Satzungen auf, die Salz verbieten. Denn kommt es zu einem Schaden, der durch Streuen mit Salz verhindert worden wäre, kann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorliegen. Dies kann wie dargestellt zu einem Schadensersatzanspruch führen. So entschied es das Amtsgericht München (Az.: 261 C 11411/98). In einem solchen Fall wäre unter Umständen die Kommune in Regress zu nehmen. Viele Kommunen gestalten die Satzung daher differenziert und erlauben den Einsatz von Salz bei extremer Eisglätte. Die ARAG Experten raten, Informationen bei der Stadt oder der Gemeinde über entsprechende Vorschriften einzuholen und sich dementsprechend zu verhalten.
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