Die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter i.S.d. § 80 Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz BetrVG dürfen nicht anonymisiert zur Einsichtnahme bereitgestellt werden; außerhalb seines Anwendungsbereiches gebieten auch die Bestimmungen des EntgeltTranspG – insbesondere § 13 Abs. 2 und 3 i.V.m. §§ 11 und 12 Abs. 3 – keine Anonymisierung.
(Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss v.19.09.2017 – 7 TaBV 43/17)
Es ist ein alter Zankapfel zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber – die Einsichtnahme in die Bruttolohn- und -gehaltslisten des Betriebs. Häufig wird die Gewährung der Einsichtnahme mit Datenschutzargumenten verwehrt – obwohl längst geklärt ist, dass das BDSG (und damit ab dem 25.05.2018 auch die DS-GVO) im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat gar nicht zur Anwendung kommt, weil der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber kein “Dritter”, sondern Teil der speichernden Stelle ist (vgl. BAG v. 07.02.2012 – 1 ABR 46/10). Der Streit ist daher ausschließlich anhand der Regelungen des BetrVG zu lösen. Insofern steht dem Betriebsrat das Recht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG zu.
Vor diesem Hintergrund hatte im entschiedenen Fall ein Arbeitgeber versucht, das Recht auf Einblick dadurch zu umgehen, dass dem Betriebsrat nur anonymisierte Listen zur Verfügung gestellt wurden. Daraufhin leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren ein. Nachdem der Betriebsrat bereits erstinstanzlich obsiegt hatte, gab ihm auch das LAG Hamm recht. Dabei führt das LAG Hamm insbesondere aus, § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG regele das Recht auf Einblick in eine Liste, die Vor- und Nachname des jeweiligen Mitarbeiters enthalte. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Präzisierung im Wortlaut der Vorschrift nicht enthalten sei. Man müsse die Vorschrift aber dahingehend auslegen, denn dem Betriebsrat obliege insbesondere nach § 80 Abs. 1 BetrVG die Überwachung der Einhaltung der Gesetze. Hierzu zähle auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, gerade auch im Hinblick auf die Lohngerechtigkeit. Nur wenn der Betriebsrat die Gehaltsangaben mit den Namen der jeweiligen Mitarbeiter verknüpfen könne, wäre es ihm auch möglich zu prüfen, welche Mitarbeiter ggf. in einer Gruppe zusammengefasst sind und welche Vergütungsbestandteile einzelne oder in Gruppen zusammengefasste Arbeitnehmer beziehen. Im Übrigen sehe die Vorschrift nicht das Recht des Arbeitgebers vor, speziell für den Betriebsrat aufbereitete Bruttolohn- und -gehaltslisten vorzuhalten. Gegenüber Individualinteressen der betroffenen Arbeitnehmer habe das BetrVG Vorrang. Aus den oben bereits erwähnten Gründen greifen schließlich auch datenschutzrechtliche Argumente nicht durch, sodass im Ergebnis eine Anonymisierung in jeglicher rechtlicher Hinsicht ausscheidet.
Fazit:
Es ist zu hoffen, dass mit der obigen Entscheidung sämtliche Streitpunkte über das Einsichtsrecht des Betriebsrats in die Bruttolohn- und -gehaltslisten endlich geklärt sind. Arbeitgeber müssen dem Betriebsausschuss bzw. dem Betriebsratsvorsitzenden auf Anfrage auch ohne konkreten Anlass Einsicht gewähren. Die Liste darf nicht anonymisiert sein und sie muss alle Gehaltsbestandteile aufschlüsseln (vgl. BAG v. 14.01.2014 – 1 ABR 54/12). Wenn jetzt Arbeitgeber mit fadenscheinigen Argumenten immer noch mauern, sollte man dann auch kurzfristig und konsequent den Gerichtsweg beschreiten.
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