So. Okt 6th, 2024

Osnabrück (ots)

Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, erkennt Bedeutungsverlust des Fußballs – Lob für Verhalten der Fans in der Pandemie

Osnabrück. Das erste coronabedingte Geisterspiel der Fußball-Bundesliga zwischen Mönchengladbach und Köln jährt sich am 11. März das erste Mal. Für Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte in Frankfurt, hat der Fußball seitdem an Bedeutung verloren. “Das nackte Spiel ist ohne Zuschauer in gewisser Weise banal geworden”, sagte Gabriel im Interview mit der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (NOZ) über den Fußball in leeren Stadien. Nur im Zusammenspiel zwischen den Akteuren auf dem Rasen und den Fans könne der Fußball seine Faszination entfalten, ist der Fan-Experte überzeugt: “Das Selbstverständnis von Fußballfans ist ja, dass sie keine ,Konsumenten’ sind, sondern dass sie zu dem Gesamtevent durch ihre eigenen Aktivitäten und ihre Emotionen einen gehörigen Teil beitragen.” Das Stadion sei für viele Menschen unterschiedlichsten Alters und Herkunft ein Ort sozialer Zusammenkunft und habe oft “eine herausragende Bedeutung für die eigene Lebensgestaltung”: “Dort können Emotionen in einer Tiefe erlebt werden wie bei kaum einer anderen Gelegenheit”, führte Gabriel aus.

Mit Blick auf den Gesundheitsschutz bescheinigte Gabriel den Fußballfans, sich “sehr verantwortungsvoll” verhalten zu haben. Die Befürchtungen von Politik und Polizei, die bei Geisterspielen mit Ausschreitungen vor den Stadien gerechnet hatten, hätten sich nicht erfüllt. Darüber hinaus haben sich die Fans Gabriel zufolge sozial stark engagiert, etwa mit Einkaufshilfen für ältere und bedürftige Menschen. “Das war sehr beeindruckend und hat gezeigt, wie viel Bereitschaft in den Fanszenen vorhanden ist, sich für die Gesellschaft positiv einzusetzen”, sagte Gabriel der NOZ.

Die sozialpädagogischen Fanprojekte, die Gabriel koordiniert, sehen sich aktuell der Gefahr ausgesetzt, finanzielle Zuschüsse vom DFB zu verlieren, da dieser seinen Sparplan verschärfen will. “Das ist tatsächlich eine irritierende Erfahrung”, sagte Gabriel. Denn die Projektarbeit werde eigentlich von allen Seiten wertgeschätzt. Eine finanzielle Kürzung der Zuschüsse sei daher unverständlich, “gerade in Zeiten, in denen es nicht nur viele Konflikte im Fußball gibt, sondern wir alle auch vor riesigen gesellschaftlichen Herausforderungen stehen”, sagte Gabriel. An diesem Freitag (12. März) wird der DFB in einer Präsidiumssitzung nochmals über die Finanzierung beraten.

Die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) gibt es seit 1993, sie begleitet und unterstützt die bundesweit aktuell 68 Fanprojekte. Die lokalen Projekte setzen sich als sozialpädagogische Einrichtungen gegen Gewalt, Diskriminierung und Rassismus bei jungen Fußballfans ein. Zur Hälfte werden die Projekte von den Verbänden mitfinanziert: Für Bezugsvereine aus der 1. oder 2. Bundesliga ist die DFL verantwortlich, ab der 3. Liga abwärts der DFB. Die andere Hälfte der Projektfinanzierung kommt von Kommunen und Ländern.

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