Ein Wirkstoff, der zur Behandlung mancher Formen der Demenz eingesetzt wird, ruft laut einer neuen Pilotstudie bewusste Träume hervor. Je nach Dosis stieg die Chance für Klarträume mit Galantamin auf 27 bis 42 Prozent, wenn die Teilnehmer vor dem Einschlafen eine einfache Bewusstseinstechnik anwandten.
Klarträume: wach im Schlaf
Laut Wikipedia ist ein Klartraum (auch: luzider Traum) “ein Traum, in dem der Träumer sich dessen bewusst ist, dass er träumt.” Der deutsche Psychologe Paul Tholey († 1998), der viele Jahre auf diesem Gebiet forschte, formulierte es so: “Klarträume sind solche Träume, in denen man völlige Klarheit darüber besitzt, daß man träumt und nach eigenem Entschluß handeln kann.”
Es gibt mehrere Möglichkeiten, diese Träume zu induzieren. Die Auswahl reicht von streng wissenschaftlichen Methoden bis hin zu dubiosen esoterischen Konzepten. Eines haben sie jedoch gemeinsam: Sie helfen nicht bei jedem.
Erfahrungen dementer Alzheimer-Patienten weisen darauf hin, dass der Wirkstoff Galantamin als Nebenwirkung sehr lebhafte bewusste Träume auslösen kann. Forscher von der University of Wisconsin-Madison und vom Lucidity Institute auf Hawaii haben nun im Rahmen einer Pilotstudie mit 121 Freiwilligen untersucht, ob das auch bei gesunden Menschen so ist. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift PLOS ONE publiziert.
Klarträume mit Galantamin: Nebenwirkung wird zu Hauptwirkung
Galantamin (in Deutschland: Reminyl, Galnora; in Österreich auch Galafix, Galafont, Galamil, Galativer und diverse Generika) ist ein pflanzliches Alkaloid, das heute aber auch künstlich hergestellt wird. Als Medikament erhöht es im zentralen Nervensystems die Konzentration des Botenstoffs Acetylcholin. Bei dementen Personen (insb. bei Alzheimer) kann es die Denk- und Merkfähigkeit positiv beeinflussen. Die dabei gelegentlich entstehenden Klarträume gelten als harmlose und seltene Nebenwirkung. Sie werden auf dem Beipackzettel noch nicht mal erwähnt.
Für die Medizin bieten luzide Träume viele Möglichkeiten. Zum Beispiel lassen sich die Handlungen im Traum mit physiologischen Maßen wie EEG, Herzschlag oder Atmung in Verbindung bringen. Auch Alpträume könnte man auf diese Art besser behandeln. Ein Wirkstoff, mit dem sich solche Träume gezielt induzieren lassen, wäre also mehr als willkommen.
Pilotstudie mit Galantamin und spezieller Bewusstseinstechnik
Die 121 Teilnehmer der Studie gaben bereits in den Vorgesprächen an, dass sie sich für gewöhnlich sehr gut an ihre Träume erinnern. Zudem waren sie an luziden Träumen interessiert und wussten von Anfang an, was der Fokus der Studie war.
Die Probanden wurden in drei aufeinander folgenden Nächten etwa 4,5 Stunden nach dem Einschlafen geweckt. Sie erhielten dann jeweils 0 mg, 4 mg oder 8 mg Galantamin. Nach 30 Minuten gingen sie wieder zu Bett. Vor dem Einschlafen wandten sie eine Bewusstseinstechnik an, die luzide Träume fördert. Mit dem Placebo (0 mg) gelang es in nur 14 Prozent der Fälle, einen Klartraum zu erreichen. In der Gruppe mit 4 mg waren es bereits 27 Prozent und mit der doppelten Dosis (8 mg) sogar 42 Prozent.
Die Ergebnisse zeigen, dass Galantamin in Kombination mit speziellen gedanklichen Techniken die Chance auf einen luziden Traum deutlich erhöht. In weiteren Forschungen wird sich herausstellen, ob sich das Potenzial der Klarträume mit Galantamin auch in der Psychotherapie nutzen lässt. Vor Experimenten auf eigene Faust raten die Forscher jedoch explizit ab. Anders als in Deutschland kann man nämlich in den USA Medikamente mit Galantamin ohne Rezept kaufen.
Link zur Originalstudie
Klarträume mit Galantamin – medikamente.org
Agam Abrams
Agam Abrams
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https://demenz-medikamente.org/piracetam-bei-alzheimer-demenz