Hamburg (ots) –
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, hat am 27. März 2021 angekündigt, eine Milliarde Euro für ein Nachhilfeprogramm ausgeben zu wollen, durch das Schülerinnen und Schüler mit Lernrückständen, die durch die Schulschließungen entstanden sind, unterstützt werden sollen. Dazu sagt die Vorsitzende des Ganztagsschulverbandes, Eva Reiter: “Statt kurzfristig große finanzielle und personelle Ressourcen in eine Sondermaßnahme zu stecken, die zeitlich begrenzt ist und bei der Fragen der Qualitätssicherung womöglich unbeantwortet bleiben, sollten die finanziellen Mittel für die Stärkung und den Ausbau der vorhandenen Ganztagsstrukturen verwendet werden. Hierbei ist vor allem im Hinblick auf weitere soziale und persönliche coronabedingte Defizite und psychische Verletzungen, an mehr und besser qualifiziertes Personal sowie bessere Ausstattung mit zeitlichen Ressourcen für notwendige Kooperationsprozesse zwischen allen Akteuren an den Schulen und im lokalen Raum zu denken.”
Der Ganztagsschulverband weist daher darauf hin, dass die Strukturen für eine individuelle schulische Förderung bereits vorhanden sind, nämlich in Ganztagsschulen und durch weitere, vielfältige Ganztagsangebote.
In der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) hat sich gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler auch im Hinblick auf fachliche Leistungen von außerunterrichtlichen Angeboten im Rahmen von Ganztagskonzepten profitieren – sofern die Angebote von hoher pädagogischer Qualität sind.
Alle Kinder, besonders die mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Haushalten, haben durch die Schulschließungen unterschiedlich ausgeprägte Defizite im Wissen und den allgemeinen Kompetenzen. Sie profitieren nach den Ergebnissen aus der StEG-Studie von qualitativ hochwertigen Ganztagsangeboten, besonders im Hinblick auf die Lesekompetenzen, das schulische Selbstkonzept und ihr Interesse.
Die von Ministerin Karliczek angesprochenen Personengruppen, nämlich Lehramtsstudierende, pensionierte Lehrkräfte, Bildungsstiftungen und private Nachhilfeanbieter, können nur innerhalb des ohnehin durch Lehrer- und Fachkräftemangel geprägten Schulsystems sinnvoll eingesetzt werden, da hier strukturelle Möglichkeiten der Abstimmung mit den Lehr- und Fachkräften gegeben sind und sich weitere Synergieeffekte ergeben können.
Ganz abgesehen von dem äußerst fragwürdigen Bildungsvorstellungen der Ministerin (denn die Überlegungen beziehen sich nur auf die Kernfächer, sind nur für Schüler/innen im Übergang und für den Ausgleich von Lerndefiziten – festgestellt durch Lernstandserhebungen – gedacht) hält der Ganztagschulverband e.V. ein solches Programm nicht für zielführend und fordert stattdessen längerfristig angelegte Investitionen in das Schulsystem. Bereits jetzt halten ca. 75% aller allgemeinbildenden Schulen ein Ganztagsangebot bereit, das gilt es zu stärken und weiter auszubauen.