Bremen (ots) – Bankenpleiten hinterlassen selten Gewinner. Da macht auch die Insolvenz der an ihrer Nähe zum Stahlimperium des britischen Geschäftsmanns Sanjeev Gupta zugrunde gegangenen Greensill Bank aus Bremen keine Ausnahme. Von den aus dem Ruder gelaufenen Geschäften der Regionalbank sind noch Rechnungen von 4 Mrd. Euro offen, von denen der Insolvenzverwalter mit Glück und Geschick in den kommenden Jahren gerade einmal die Hälfte wieder hereinzuholen hofft.
Insofern überrascht die verhaltene Stimmung auf der ersten Gläubigerversammlung nicht. Die Veranstaltung erinnerte eher an eine Trauerfeier als an die Art von Events, die im Konzerthaus “Die Glocke” in der Bremer Innenstadt zumindest in Vor-Corona-Zeiten üblicherweise stattfanden. Neben dem Schmerz um die abzuschreibenden Summen dürften einige der rund 100 Veranstaltungsteilnehmer auch andere Themen umgetrieben haben. Zum Beispiel die Frage nach der eigenen Rolle in diesem Trauerspiel.
Da sind zum Beispiel die vom Insolvenzverwalter für ihre Aufrichtigkeit und Kooperationsbereitschaft gelobten Beschäftigten der Greensill Bank. Ihre undankbare Aufgabe ist es, die Geschäfte am Laufen zu halten, damit das Institut nach allen Regeln der Kunst abgewickelt werden kann. Oder die aus ganz Deutschland angereisten Stadtkämmerer und Bürgermeister, die sich der berechtigten Frage stellen müssen, warum sie ohne Absicherung Steuergelder in Millionenhöhe bei einem Institut anlegten, dessen Geschäfte sie vermutlich weder verstanden noch hinterfragt haben.
Der private Bankenverband mit seiner freiwilligen Einlagensicherung sollte sich hingegen der Frage widmen, wo genau die Schwachstelle der Arbeitsteilung zwischen ihrem Prüfungsverband und der Aufsichtsbehörde BaFin lag, die ihre Mitgliedsinstitute nun so teuer bezahlen müssen. Mit einer Entschädigungssumme von 3 Mrd. Euro trifft sie das Ableben der Greensill Bank zumindest finanziell am härtesten.
Laut Insolvenzrecht spiegeln die Stimmrechte in der Gläubigerversammlung die Höhe der jeweiligen Forderungen wider. Insofern war es das Recht des Bankenverbands, den gerichtlich bestellten Gläubigerausschuss neu zu besetzen. Dabei ausschließlich auf eigene Mitarbeiter und Alumni zu setzen, könnte sich jedoch als unglückliche Entscheidung erweisen. Denn die Aufarbeitung im engsten Kreis des Bankenverbands schürt den Verdacht der düpierten Kommunen, dass ihre Interessen unter den Tisch fallen könnten.
(Börsen-Zeitung, 09.06.2021)
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