Sa. Okt 12th, 2024

Frankfurt (ots) – Neben der alles überschattenden Corona-Pandemie gab es zumindest zwei weitere Ereignisse, die nicht nur die Gemüter, sondern auch ganze Gesellschaften, Politik und Wirtschaft bewegten: Die amerikanische Präsidentschaftswahl und der endlich vollzogene Brexit. Wenn der neue US-Präsident die Regierungsgeschäfte am 20. Januar 2021 übernimmt, dürfte in den Dialogen mit der noch immer größten Volkswirtschaft der Welt wieder mehr Verlässlichkeit und Kooperationswille einkehren. Und dass kurz vor Jahresende 2020 doch noch eine Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien zum Brexit zustande gekommen ist, beendet schier endlose Debatten und bringt Klarheit in die politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten Europas.

“Gerade für die exportorientierte und auf einen funktionierenden globalen Handel ausgerichtete deutsche Wirtschaft sind das Hoffnungsschimmer am Ende des Tunnels”, so Jan Eckert, Head of Capital Markets JLL Germany, Austria and Switzerland. Eckert weiter: “Dennoch bleibt die Großwetterlage angesichts der aktuellen Corona-Lockdowns in vielen Ländern zunächst noch labil. Deshalb werden Regierungen und Notenbanken rund um den Globus in einer Kombination aus extrem niedrigen Zinsen und enormen Ausgabenprogrammen die Konjunktur anzukurbeln versuchen. Erst nach einer realen Eindämmung des Infektionsgeschehens werden diesseits und jenseits des Atlantiks die Konjunkturpakete zurückgefahren. Trotzdem werden die Notenbanken die Phase extrem niedriger Zinsen auch dann noch fortführen, weil sich zunächst ein nachhaltiger konjunktureller Stabilisierungseffekt eingestellt haben muss, um Rückschläge zu verhindern. Insofern bleibt abzuwarten, wie stark dieser Cocktail aus niedrigen Zinsen und wieder erstarkender Wirtschaft wirken wird, Nachholeffekte in Bezug auf Investitions- und Konsumausgaben der Verbraucher und Unternehmen mit zumindest temporär wieder anziehenden Inflationsraten nicht ausgeschlossen.”

“In der Rückschau auf 2020 bleibt festzuhalten, dass sich Anlagen in Immobilien als stabiles Investment für private und institutionelle Investoren erwiesen haben. Ob das auch 2021 so bleiben wird, muss zumindest mit einem Fragezeichen versehen werden”, so Jan Eckert. Der Investmentexperte weiter: “Wir gehen aber auch 2021 von einer soliden Liquidität der Transaktionsmärkte aus. Das extrapolierte Mietpreiswachstum der Vor-Covid-Zeit, vor allem im Büro- und Einzelhandelssektor, dürfte sich allerdings nicht mehr im Pricing von Transaktionen abbilden lassen. Die derzeitige Nachfrage und Mietpreisbereitschaft von Mietern sowie steigende Leerstände, führt bei Investoren zu einer gewissen Skepsis und Zurückhaltung bei der Bewertung von Potentialen. Wir sind aber optimistisch, dass sich die konjunkturellen Rahmendaten in der zweiten Jahreshälfte soweit aufhellen werden, dass Unternehmen Umzugs- und Expansionspläne wieder aufnehmen und so die Tendenz sinkender Vermietungsumsätze gestoppt werden wird.”

Transaktionsvolumen im Jahresvergleich nur leicht im Minus

Die schon zum Ende des dritten Quartals ausgemachte rege Aktivität auf dem deutschen Investmentmarkt hat sich auch im letzten Quartal fortgesetzt. “Mit einem gesamten Transaktionsvolumen* in Höhe von rund 81,6 Mrd. Euro (inklusive Living) schließt das ‘Krisenjahr’ 2020 nur um rund 11 Prozent unter dem Vorjahreswert”, so Jan Eckert. Und Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany, ergänzt: “Dennoch lässt der Blick auf die die einzelnen Quartale erkennen, dass der traditionelle Jahresendspurt sich zwar bemerkbar gemacht hat, aber weniger dynamisch ausgefallen war.”

Das Transaktionsvolumen der Monate Oktober bis Dezember summierte sich zwar immerhin auf 23,2 Mrd. Euro und damit auf über 28 Prozent des Jahresergebnisses, reichte aber nicht an das vierte Quartal des Vorjahres und auch nicht an das Auftaktquartal 2020 heran, beide jeweils noch von der Pandemie unbelastet. Bemerkenswert ist, dass 2020 mit über 1.700 erfassten Einzel- und Portfoliotransaktionen mehr Abschlüsse generiert wurden als 2019. Das durchschnittlich investierte Volumen ist damit mit rund 48 Mio. Euro pro Transaktion zwar nahezu konstant geblieben. Die Analyse zeigt aber auch, dass vor allem große Transaktionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich um 35 Prozent in Bezug auf Anzahl und Volumen signifikant gesunken sind, eher geschuldet einem geringeren Angebot in diesem Größensegment als einem mangelnden Käuferinteresse.

“Kapitaldruck schlägt Rezession”, bringt Scheunemann das Investmentjahr 2020 auf den Punkt und fährt fort: “Zusammen mit den langfristig niedrigen Zinsen ist der anhaltende Kapitaldruck nach wie vor die Triebfeder für Immobilien-Investments. Hinzu kommt, dass zahlreiche institutionelle Investoren ihre jeweiligen Immobilienquoten erhöht haben und hieraus zusätzliche Nachfrage generiert wurde. Und vor allem Portfolios waren begehrt, ca. 37,6 Mrd. Euro wurden in Paketverkäufe oder Unternehmensübernahmen investiert und damit sogar 7 Prozent mehr als noch 2019.”

Insbesondere Core-Investments laufen nach wie vor gut. Diese Produkte finden auch trotz weiter steigender Preisen genügend Abnehmer. “Dagegen gilt bei Value Add – und Core plus – Produkten zunächst die Maxime: Abwarten. Denn hier erweist sich die Nachfrage als schwierig. Oftmals passt das Pricing zwischen Verkäufer und Käufer nicht oder es wird von Seiten der Banken keine Finanzierung bereitgestellt. Banken sind diesbezüglich grundsätzlich restriktiver, sie stellen höhere Anforderungen an Eigenkapital und verlangen entsprechende Vorvermietungsquoten bei Projekten, was angesichts der Nachfrageschwäche am Büro-Vermietungsmarkt immer schwerer zu realisieren ist”, erläutert Jan Eckert.

Living mit höchstem Transaktionsvolumen – Investments in Büroimmobilien ziehen wieder an – Logistik etabliert sich als werthaltige Assetklasse

Risiken werden derzeit eher gemieden – der Fokus richtet sich in Bezug auf die Segmente mehr und mehr auf krisenresistente Assets (Living, Logistik, Core-Offices, Einzelhandelsimmobilien mit Lebensmittelgeschäften). “Hinzu kommt ein erhöhtes Interesse an alternativen Nutzungsarten wie Datencenter oder Gesundheitsimmobilien. Diese sind und werden aber Nischen bleiben und sind nicht für alle Investoren eine Option”, so Helge Scheunemann.

Mit ca. 25,2 Mrd. Euro (31 %) floss das Gros des investierten Kapitals in die Assetklasse Living mit demgrößten Einzelabschluss des Jahres, die bereits im ersten Quartal vollzogene 90-prozentige Übernahme des Wohnungskonzerns Adler durch Ado. Knapp hinter Living liegen die Büroimmobilien mit einem Anteil von 30 Prozent (24,5 Mrd. Euro). “Hier hat sich der Jahresendspurt besonders bemerkbar gemacht. 41 Prozent des Jahresvolumens wurden allein in den letzten drei Monaten generiert, unter anderem mit den Verkäufen des Silberturms und des Trading-Centers in Frankfurt mit zusammen rund 1,2 Mrd. Euro”, erläutert Scheunemann und fährt fort: “Ist das ein Zeichen von uneingeschränktem Vertrauen in diese Assetklasse? Oder schlicht die Nutzung von guten Kaufgelegenheiten? Aus unserer Sicht wird sich eine Antwort erst im Jahresverlauf 2021 zeigen, wenn in den Unternehmensetagen zum einen die Weichen gestellt werden, um hybride Arbeitsmodelle zu implementieren, je nach Branche und Unternehmen mit ganz unterschiedlichen Resultaten. Und wenn zum anderen die aktuelle Nachfragedelle an den Vermietungsmärkten zumindest ihren Boden gefunden haben wird. Klar ist aber: das Büro wird weiterleben. Ein Mehr an Home Office oder Remote Working geht nicht zwangsläufig mit weniger benötigten Quadratmetern in Bürogebäuden einher. Qualitative Ausstattungs- und Wohlfühlmerkmale erlangen zudem eine höhere Bedeutung. Diese Qualitätsoffensive wird die Preise für Büroimmobilien zumindest stabil halten. Und für ausgewählte Top-Lagen rechnen wir sogar mit weiter sinkenden Renditen.”

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Laura Jahn

Von Laura

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