Sie haben es wohl – auch außerhalb der Bundeshauptstadt – mitbekommen: Vergangenen Freitag endete eine Freiluftfeier am Wiener Karlsplatz mit heftigen Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und der Polizei. Was folgte war ein Platzverbot, sowie eine eigentümliche Erklärung von Innenminister Karl Nehammer: Der ÖVP-Politiker ortete „Aktivisten aus dem linksextremen Bereich“ als Drahtzieher der Eskalation.
Nun mögen die massenhaften Flaschenwürfe gegen die Exekutive schockieren und nach Erklärungen rufen – Belege für politische Hintergründe lieferte das Innenministerium aber nicht. Mit ähnlichen Schnellschüssen lag man auch nicht zum ersten Mal daneben: Randale bei einer Kirche in Favoriten bezeichnete das Innenministerium erst als islamistisch motiviert und musste später revidieren; Fehler im Vorfeld des Wiener Terroranschlages sah der Innenminsiter zuallererst bei der Justiz – statt beim ihm unterstehenden Verfassungsschutz.
Aufschlussreicher, aber unbequemer, sind tiefergehende Analysen. Die große Masse der Feiernden reagierte auf den Polizeiaufmarsch schlicht unbeeindruckt, einige dann gereizt bis aggressiv. Das fußt vor allem auf Frust über eineinhalb Jahr Ausgangssperren, Anzeigefluten und Club-Verboten. Videos vom Karlsplatz zeigen Jugendliche, die recht unbekümmert und unmaskiert Parolen gegen die Polizei in die Kameras riefen, gleichzeitig Selfies vor den beschilderten Beamten schossen. Antifa sieht anders aus. Und angeheizt wurde die Masse wenn dann eher durch Rave und Rap (und wahlweise ABBA) als durch Marx. Die Idee deeskalierender „Awareness Teams“ klingt nun jedenfalls klüger als Polizeidurchsagen und Platzverbote.
Einen generationenübergreifenden und kreativen Bogen spannt auch die aktuelle profil-Ausgabe: Investigativprofi Michael Nikbakhsh interviewte die Wiener Band „Oehl“, deren neue Single die Finanzaffäre rund um die burgenländische Commerzial-Bank thematisiert. Ein anregendes Gespräch zwischen Skandal und Popkultur.
Morgenpost Thomas Hoisl im Profil!
Foto: Innenminister Nehaymmer, der vieles anders sieht als die Mehrzahl der restlichen Österreicher