Köln (ots)
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Kampf um neues Vertrauen
Sandro Schmidt zur Wahl des neuen NRW- Ministerpräsidenten
Erwartet reibungslos, jedoch unerwartet deutlich mit drei Stimmen auch aus dem Oppositionslager ist Hendrik Wüst zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Dass seine schwarz-gelbe Koalition, die im Landtag nur über eine Stimme Mehrheit verfügt, geschlossen hinter ihm stehen würde, war allerdings absehbar. Andernfalls hätte sie knapp sieben Monate vor der Landtagswahl den Kampf um den Machterhalt gleich aufgeben können.
Und der wird schwer genug. Die jüngsten Umfragen in dem Bundesland weisen einen deutlichen Vorsprung der SPD und eine klare Mehrheit für Rot-Grün bei einer äußerst schwachen CDU aus. Das zeigt dreierlei. Die Turbulenzen und Selbstzerfleischungstendenzen der Union im Bundestagswahlkampf schlagen auf NRW durch. Der SPD wird trotz eines bisher weitgehend farblos gebliebenen Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty zugetraut, das Land besser zu führen als die Union. Und der bisherige Ministerpräsident Armin Laschet hat vor allem durch seinen mitunter bizarren Schlingerkurs in der Corona-Krise viel Vertrauen für seine Partei verspielt.
Wüst hat nun die Mammutaufgabe, dieses sehr schnell zurückzugewinnen. Damit begann er gleich gestern, in dem er sich unteranderem für schöne Bilder mit der Familie zum jungen, dynamischen, modernen mitfühlenden Landesvater stilisierte. Derzeit entscheiden vor allem Persönlichkeiten Wahlen, weniger Programme oder traditionelle Wählerbindungen. Das hat der 46-Jährige offenbar begriffen. So schnell wie Wählergunst entzogen werden kann, so schnell kann sie zurückkehren. Wüsts Hoffnung muss deshalb sein, gegenüber dem ebenfalls wenig profilierten Kutschaty die bessere Figur abzugeben.