Depressionen gehen oft mit Angst- und Schlafstörungen einher. Viele Betroffene erhalten daher neben einem Antidepressivum auch Benzodiazepine oder Z-Substanzen. Eine 2016 veröffentlichte Open-label-Studie zeigt, dass das Antidepressivum Mirtazapin den Bedarf an Benzodiazepinen im Verlauf der Behandlung reduzieren kann. Obwohl die Studie sehr klein war, erhielt sie in Fachkreisen eine überwiegend positive Resonanz.
Hintergrund
Für die Behandlung von Depressionen stehen immer bessere Medikamente zur Verfügung. Die früher oft verwendeten tri- und tetrazyklischen Antidepressiva sind mit starken Nebenwirkungen behaftet und helfen manchen Patienten kaum bis gar nicht. Daher wurden sie im Laufe der Zeit von neu entdeckten Substanzen weitgehend abgelöst. Zu den wichtigsten Wirkstoffen zählen heute selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI; u. a. Citalopram) und spezifisch serotonerge Antidepressiva (NaSSA; u. a. Mirtazapin).
Trotz ihrer Vorteile brauchen auch die neueren Medikamente Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten. Zu Beginn können sich die Symptome sogar verstärken und das Suizidrisiko steigt. Viele Patienten erhalten daher zusätzlich ein Benzodiazepin oder einen ähnlichen Wirkstoff. Für kurze Zeit lassen sich die mit der Depression einhergehenden Angst- und Schlafstörungen damit gut behandeln. Allerdings führen diese Medikamente schon nach kurzer Zeit zur Abhängigkeit. Sie machen außerdem müde, beeinträchtigen das Gedächtnis und erhöhen das Risiko für Stürze und Unfälle. Daher ist es ein wichtiges Ziel, Strategien zu ihrer Vermeidung zu entwickeln.
Mirtazapin kann Bedarf an Benzodiazepinen reduzieren
Neben SSRIs wie Citalopram, Sertalin oder Paroxetin gilt das zur NaSSA-Gruppe gehörende Mirtazapin als Mittel der ersten Wahl. Im Vergleich zu anderen Wirkstoffen hilft es jedoch viel schneller. Es wirkt außerdem schlafanstoßend und angstlösend. Das lässt die Vermutung zu, dass es in der Behandlung depressiver Patienten, die außerdem ein Benzodiazepin benötigen, den Medikamenten aus der Gruppe der SSRIs überlegen sein könnte.
Um das zu untersuchen, haben Wissenschaftler aus Japan eine kleine Studie gestartet. Sie analysierten den Verlauf bei 65 Patienten, die an Depressionen litten und mit einem Antidepressivum sowie vom ersten Tag an auch mit Benzodiazepinen oder Z-Substanzen behandelt wurden. Als Antidepressiva kamen die SSRIs Sertalin und Paroxetin sowie der NaSSA-Wirkstoff Mirtazapin zum Einsatz.
Nach 6 Wochen, 12 Wochen und 24 Wochen war der Anteil der Patienten, die weiterhin ein Benzodiazepin benötigten, in der NaSSA-Gruppe deutlich niedriger. 6 Wochen nach Beginn der Behandlung lag das Verhältnis bei 21 % : 82 %; nach 12 Wochen: 11 % : 86 %; nach 24 Wochen: 13 % : 82 %.
Stärken und Schwächen der Studie
Mit nur 65 Patienten war die Anzahl der Teilnehmer sehr gering. Auch war die Drop-out-Rate sehr hoch. In der NaSSA-Gruppe nahmen nur 12 Patienten bis zum Ende Teil. Weitere Forschungen werden nötig sein, um die Ergebnisse entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Beobachtungen aus der Studie stimmen jedoch mit den Erfahrungen vieler Psychiater überein, die bei Depressionen mit Schlafstörungen oft schon heute Mirtazapin bevorzugen oder es außerhalb seines zugelassenen Anwendungsgebiets manchmal auch bei Beschwerden wie Schlaf-, Angst- und Panikstörungen verordnen.
Quelle
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Peter Eisenhauer
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