Berlin (ots) – Die Bundesregierung und die Landesregierungen halten trotz starker Kritik und zahlreicher Pannen den Einsatz von V-Leuten in der Neonaziszene weiter für notwendig. Das geht aus Antworten auf Anfragen der Tageszeitung “nd.DerTag” (Bericht in der Freitagausgabe) ein Jahr nach dem rassistischen Mordanschlag von Hanau hervor, bei dem am 19. Februar 2020 neun Menschen aus migrantischen Familien getötet worden waren. Es bleibe dabei, “dass der Einsatz von Vertrauensleuten weiterhin ein wichtiges Instrument bei der Bekämpfung des Rechtsterrorismus ist”, heißt es beispielsweise in der Antwort aus Rheinland-Pfalz. Eine neue Herausforderung stellt nach Einschätzung vieler Innenministerien das Phänomen rechtsterroristischer Einzeltäter dar, die sich in Internetforen radikalisierten. Darauf reagieren die Behörden unter anderem mit einem Personalausbau beim Verfassungsschutz und erweiterten Befugnissen für die Sicherheitsbehörden beispielsweise beim Datenaustausch, aber etwa auch bei Onlinedurchsuchungen und Datenspeicherung.
Um rechte Netzwerke in der Polizei offenzulegen oder zu verhindern, wurden in zahlreichen Behörden neue Kontrollinstanzen und Sonderbeauftragte installiert. Bremen führte Ende 2020 die Regelanfrage beim Verfassungsschutz für alle neuen Polizeibeamten ein. In der Aus- und Weiterbildung der Polizisten wird verstärkt Wert auf interkulturelle Kompetenz gelegt.
Eine antifaschistische Klausel im Grundgesetz oder in den Landesverfassungen wird von fast allen Regierungen abgelehnt oder nicht für nötig erachtet, da die Verfassungen insgesamt als Gegenentwurf zur NS-Ideologie entstanden seien und gesonderte Klauseln lediglich symbolhaften Charakter hätten. In den Landesverfassungen von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gibt es eine solche Klauseln; in Thüringen will die rot-rot-grüne Minderheitsregierung den Antifaschismus zum Staatsziel erklären.
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