Schweizer Firmen konzentrieren sich in ihrer Markenkommunikation vor allem auf sich selbst. Sie sprechen meist über das eigene Produkt und heben selten den eigentlichen Unternehmenszweck für die Allgemeinheit emotional hervor. Das ist das zentrale Ergebnis der neuen “Purpose”-Studie der Unternehmensberatung Globeone aus Zürich.
Die Studie analysiert die offiziellen Markenclaims der insgesamt 238 führenden Unternehmen in der Schweiz, Deutschland, den USA sowie China und Brasilien. Die Claims dienen als wichtiger Indikator dafür, ob und wie die Unternehmen ihren “Purpose” – den höheren Unternehmenszweck – kommunizieren. Dabei geht es um die entscheidende Frage, warum ein Unternehmen überhaupt existiert und welchen Nutzen es für die Allgemeinheit stiften kann.
72 Prozent der Schweizer Marken verfügen der Erhebung zufolge über einen Claim. Die Analyse durch unabhängige Experten zeigt, dass fast die Hälfte dieser Claims (48 Prozent) egozentrisch sind. Sie drehen sich ausschließlich um das Unternehmen oder das Produkt selbst. Die andere Hälfte (45 Prozent) spricht zwar den individuellen Kunden an, nicht aber eine größere gesellschaftliche Gruppierung. Ein ganz entscheidender Punkt der Studie: Obwohl 55 Prozent der Unternehmen mit ihren Claims den Nutzen ihrer Produkte bereits auf einer emotionalen Ebene kommunizieren, arbeitet lediglich jedes siebzehnte Unternehmen (6 Prozent) den Nutzen seiner Produkte über einen höheren Unternehmenszweck auch für die Allgemeinheit heraus.
Dies ist erstaunlich, da Experten wie der Wirtschafts-Nobelpreisträger Daniel Kahnemann längst nachgewiesen haben, dass Kaufentscheidungen meist emotional getroffen und erst dann rational gerechtfertigt werden. Hierbei spielt ein klar definierter höherer Unternehmenszweck eine entscheidende Rolle, weil er das Warum eines Unternehmens erklärt. Für die Schweizer Unternehmen sieht Carina Hauswald, Managing Director von Globeone, deshalb Verbesserungspotenzial: “Schweizer Unternehmen müssen sich noch deutlich stärker auf einen “Purpose” fokussieren, um ihre Relevanz für eine größere gesellschaftliche Gruppe zu unterstreichen. Das gelingt ihnen aber nur, wenn sie auf die Frage nach dem “Warum” ihrer Unternehmung eine schlüssige Antwort geben können”, kommentiert sie die schweizerischen Ergebnisse der Studie.
Bemerkenswert ist, dass im internationalen Vergleich deutlich mehr Unternehmen (14 Prozent) als in der Schweiz (6 Prozent) einen höheren Unternehmenszweck benennen. Das gilt auch für die untersuchten Wachstumsmärkte China und Brasilien. Insgesamt aber tendieren die Unternehmen international mehrheitlich (54 Prozent) immer noch dazu, anstatt einer emotionalen Ansprache den rationalen Nutzen des Produkts oder der Dienstleistung in den Vordergrund zu stellen. Rund die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) thematisiert sich dabei selbst; nur etwas mehr als ein Drittel (35 Prozent) hat den Fokus bereits auf den Kunden gerichtet, ohne jedoch einen gesellschaftsrelevanten Kontext zu stiften. Dabei sind es in der Regel Unternehmen aus Schwellenländern wie Brasilien oder China, die sich stärker auf sich selbst fokussieren und weit weniger emotional positioniert sind. Unternehmen aus den westlichen Märkten verfolgen mehrheitlich immerhin schon einen emotionalen, wenngleich oft noch egozentrischen Kommunikationsansatz.
Dass deutlich weniger schweizerische als chinesische oder brasilianische Unternehmen einen höheren Zweck kommunizieren, widerläuft dem allgemeinen Befund. “Westliche Unternehmen neigen insgesamt eher dazu, ihre Vorteile für die Allgemeinheit über eine emotionale Positionierung herauszuarbeiten”, erläutert Hauswald zusammenfassend die Ergebnisse der Studie. “Schweizer Unternehmen müssen deshalb aufpassen, die jüngsten Entwicklungen in der Markenkommunikation nicht zu verpassen, damit sie anschlussfähig bleiben. Sie müssen ihren produktspezifischen Beitrag zur Allgemeinheit stärker hervorheben, um Zielgruppen – wie z.B. Angehörige der Generation Y – auf der emotionalen Ebene anzusprechen”, rät Hauswald.
Das von Globeone entwickelte Modell hilft Unternehmen dabei, ihr Positionierungsversprechen besser zu verstehen und unter Berücksichtigung des internationalen Umfelds zu optimieren. Die Nutzung eines starken Purpose geht dabei jedoch weit über die Claim-Entwicklung hinaus und muss von der gesamten Organisation gelebt werden, weil ansonsten die Glaubwürdigkeit einer solchen Positionierung nicht gegeben ist. Im Idealfall kommuniziert ein Unternehmen seinen höheren Zweck im Rahmen einer authentischen Corporate Story, die veranschaulicht, warum das Unternehmen existiert, und dadurch eine starke emotionale Bindung zu seinen Stakeholdern aufbaut.
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