Norwegen gilt als Land der Mythen und Märchen über Trolle und andere mythische Wesen, die in den einsamen Bergen und wilden Wäldern hoch im Norden des Landes leben.
Im Gegensatz zu den grösseren Trollen, die eher im Freien leben und den Menschen meist nicht sehr wohlgesonnen sind , gibt es auch noch die kleineren Kobolde , auch Nisse genannt, die sich gern in Menschennähe aufhalten und stets darauf bedacht sind, sich nicht erwischen zu lassen, wenn sie wieder einmal im auserwählten Haus ihren Schabernack treiben.
Nepomucks Abenteuer
Nepomuck ist ein lustiger kleiner Kobold, der mit seiner Familie in einem Kobolddorf in Norwegen wohnt. Er hilft dem Weihnachtsmann beim Geschenke verpacken in der Weihnachtswerkstatt und landet aus Versehen in einem dieser Päckchen. So tritt er nun im Schlitten des Weihnachtsmanns seine Reise in die Welt der Menschen an Welch spannende Abenteuer wird Nepomuck dort wohl erleben und wird er bei den Menschen ein neues Zuhause finden?
ISBN-13: 978-3903056183
Leseprobe:
Das Lebkuchenhaus
Seit einigen Tagen haben wir Tauwetter, der Schnee tropft von den Dächern und Bäumen, und die Wege sind voller Matsch. An einigen Stellen sind die Pfützen so groß, dass Nepomuck durchschwimmen müsste, um sie zu durchqueren. Was er übrigens schon versucht hat. Im letzten Augenblick habe ich ihn vor dem Ertrinken gerettet, der kleine Kobold kann nämlich nicht schwimmen. Jedenfalls hat Oma ihm strikt verboten, das Haus zu verlassen, solange das Tauwetter anhält.
Mit dem Tauwetter hat auch die Schule wieder begonnen. Natürlich nicht für die Zwillinge, die haben es gut! In Schule und Nachbarschaft darf niemand wissen, dass wir Nepomuck bei uns aufgenommen haben, die meisten Menschen glauben nicht an Kobolde, sagt Oma.
Folglich ist Nepomuck , der es gewohnt ist, von früh bis spät durch die Wälder Norwegens zu streifen, im Haus eingesperrt. Und das kann natürlich nicht gutgehen. Die Spiele der Zwillinge machen ihm keinen richtigen Spaß, vor allem wenn sie ihn als Ball einsetzen und Lily ihn nicht rechtzeitig fängt. Sie kann nämlich auch keinen Ball fangen. Und Mäxchens Indianerspiele sind auch nicht ohne. Letztens hat er Nepomuck an ein Stuhlbein gefesselt und ihn dann am „Marterfahl“ vergessen, weil ihn ein Freund zum Spielen abgeholt hat. Erst als ich nach Stunden aus der Schule kam, konnte ich den armen Kerl befreien.
Heute ist Samstag, und zwei herrliche freie Tage liegen vor mir. Vielleicht kann ich mein neues Buch einweihen und ein paar von Omas Rezepten für Heiltränke eintragen. Oma steht kopfschüttelnd in der Küche und besieht sich ihr überdimensionales Lebkuchenhaus von allen Seiten. „Axana, ich glaube wir haben Mäuse.“, stellt sie fest. „Naja, bei dem Gematsche da draußen kann ich es den Mäusen auch nicht verdenken, wenn sie sich ein trockenes Plätzchen suchen.“ „Fein!“, freue ich mich, „Dann werde ich das Häuschen ab jetzt nicht mehr aus den Augen lassen!“ Das ist eine spannende Aufgabe, aber zunächst will ich mir das Lebkuchenhaus mal richtig ansehen.
Dieses Lebkuchenhäuschen ist Omas ganzer Stolz und schon mindestens so alt wie ich. Es ist aus Spanplatten gefertigt, richtig mit funktionierender Eingangstür und zwei kleinen Fenstern mit grün lackierten Fensterläden davor. Ringsum sind Lebkuchenstücke mit Zuckerguss am Haus befestigt. Sogar einen kleinen Schornstein hat es, aus dem vergilbte Zuckerwatte hervorquillt. Dieses Häuschen ist für uns tabu, niemand außer Oma darf es anfassen. Pünktlich am ersten Advent wird es aufgestellt und dann steht es bis zum Frühling in der Küche, weil Oma es nicht übers Herz bringt, es wieder in den Schrank zu verbannen. Jetzt fehlt eine Ecke vom Lebkuchen rechts neben der Tür, und man kann die Spuren kleiner Zähne erkennen. Der Lebkuchen ist schon steinhart, und ich wundere mich über die Maus, die sich daran wagt.
In der Nacht, die ich auf dem Küchensofa verbringe, höre ich nagende Geräusche und bin sofort auf den Beinen. Die Maus! Vorsichtig schleiche ich mich an das Küchenbüffet, auf dem das Lebkuchenhäuschen steht. Es schmatzt laut, und ich versuche im Halbdunkel etwas zu erkennen. Funktioniert nicht, also knipse ich die Taschenlampe an. ,,Nepomuck!“ Der Kleine liegt im Häuschen und hält sich den Bauch. Vorwurfsvoll rülpsend sieht er mich an. „Das letzte Stück war wohl zu viel.“, klagt er und reibt sich den Magen. „Omas Lebkuchenhäuschen.“, sage ich entsetzt. „Dass du dir daran nicht die Zähne ausgebissen hast!“ Nepomuck grinst: „Mit meinen Zähnen kann ich sogar Tannenzapfen kauen. Tannenzapfen sind eine Delikatesse. Hast du schon mal welche gekostet?“ Jetzt kann ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen. Oma wird in Kenntnis gesetzt. Schimpfend setzt sie einen Kräutertee für Nepomuck auf. „Ja, wenn man auch so alte, harte Lebkuchen isst……als ob du bei Tisch nicht satt werden würdest, bei den Mengen, die du verdrückst…..“ Plötzlich hat sie eine Idee. „Nepomuck, wenn du mir versprichst, keine Lebkuchen mehr vom Haus zu nagen, dann schenke ich es dir als Behausung. Wir legen weiche Decken hinein und du kannst darin schlafen.“
Nepomuck springt jauchzend auf und ab. Vergessen ist das Bauchweh. „Klasse Oma! Vielen Dank! Ich mag dieses Häuschen wirklich sehr. Es ist das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe.“ Er legt die Stirn in Falten.
„Und auch das einzige das ich je bekommen habe,
glaube ich.“ Oma hebt warnend den Zeigefinger:
„Aber wenn du wieder an den Lebkuchen gehst…“ „Bestimmt nicht, Oma. Ich rühre den Lebkuchen nicht mehr an.“, verspricht der Kobold feierlich.
Dann grinst er schelmisch: „Aber von der Zuckerwatte hast du nichts gesagt.”
Mehr lustige Geschichten rund um den kleinen Kobold findet ihr in dem Buch! Vielleicht habt ihr ja auch Lust, das Leben in einem Kobolddorf kennen zu lernen. Nepomuck nimmt euch gerne mit!
©byChristine Erdic
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Die deutsche Buchautorin Christine Erdic lebt zur Zeit hauptsächlich in der Türkei.
Beruflich unterrichtet sie in der Türkei Deutsch für Schüler
Christine Erdic
35050 Izmir
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