Eine groß angelegte Umfrage bei Eltern von Kindern mit einer Legasthenie und/oder Dyskalkulie zeigt, Kinder mit besonderem Förderbedarf gehören zu den Verlierern der Corona-Pandemie. Nur 4,5 % aller Kinder mit akutem Förderbedarf haben in der Zeit der Schulschließungen schulisch eine Förderung erhalten. “Uns erreichen seit der Corona-Pandemie viele Anrufe verzweifelter Eltern, weil ihre Kinder komplett von der Bildung abgeschnitten wurden. Mit Beginn des neuen Schuljahres zeigen sich die Probleme der Kinder ganz massiv, aber es kann ihnen schulisch nicht ausreichend geholfen werden. Auch Lehrkräfte sind mit der Situation überfordert”, sagt Tanja Scherle, Bundesvorsitzende des BVL.
Mit dem Lockdown der Schulen hat sich schnell gezeigt, dass Schüler*innen mit einer Legasthenie und/oder Dyskalkulie überfordert sind, die Arbeitspakete der Schulen eigenständig zu bearbeiten. Ihnen fehlt der Schulstoff von mehreren Monaten. Mit Schulbeginn fehlen zusätzlich Lehrkräfte, viele Lehrer*innen gehören zur Risikogruppe und können keinen Präsenzunterricht abhalten. Förderkräfte werden in den Regelunterricht einbezogen, um die Pflichtstunden abzubilden. Kindern mit besonderem Förderbedarf fehlt weiterhin die dringend notwendige individuelle Förderung.
Der BVL und die Deutsche Kinderhilfe haben bereits Ende Mai einen Appell an die Bundesregierung und Länder gerichtet. Sie forderten ein Nothilfepaket zu schnüren, aus dem gut qualifizierte selbstständige Förderkräfte finanziert werden, um in den Vormittagsstunden oder auch am Nachmittag in die schulische Förderung eingebunden zu werden. “Es ist unfassbar und nicht hinnehmbar, dass bis heute noch nichts passiert ist. Keiner fühlt sich zuständig bzw. erhalten wir die Rückmeldung der Kultusministerkonferenz im Auftrag der Länder, dass alle Kinder mit Schulbeginn die notwendige Unterstützung erhalten. Eltern berichten aber genau das Gegenteil. Bei ihren Kindern kommt nichts an!”, so Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe. “Den Kindern helfen keine leeren Versprechungen, es muss sofort etwas passieren. Insbesondere für die Kinder, die keine häusliche Unterstützung erhalten”, fordert Becker.
Beide Verbände nehmen den Tag der Legasthenie und Dyskalkulie erneut zum Anlass, auf die fehlende schulische Förderung hinzuweisen und die Verabschiedung eines Nothilfepaketes zu forcieren. “Was sind uns unsere Kinder und ihre Bildung wert? Wir brauchen eine gute Bildung, um die Folgen der Pandemie durch gut qualifizierte Fachkräfte wieder in den Griff zu bekommen. Die Bundeskanzlerin will verhindern, dass Kinder zu Verlierern der Pandemie werden. Hierbei blockiert uns der Föderalismus ganz massiv”, mahnt Rainer Becker.
Das Nothilfepaket soll dafür eingesetzt werden, gut qualifizierte Lerntherapeut*innen in die schulische Förderung einzubinden oder auch außerschulische Fördermaßnahmen zu finanzieren. “Wir sind sicher, dass über ein Nothilfepaket vielen Kindern schnell und unbürokratisch geholfen werden kann, um nicht ganz von der Bildung abgeschnitten zu werden”, sagt Tanja Scherle vom BVL.
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