Essen – Im Wege des demografischen Wandels lässt sich feststellen, dass Paare immer seltener eine klassische Ehe eingehen, sondern vielmehr in einer einfachen, nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben. Doch was passiert, wenn sich eine Hälfte dazu entschließt, die andere Hälfte als Erben einzusetzen? Die zertifizierte Testamentsvollstreckerin Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz, Steuerberaterin und Partnerin in der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner (https://www.franz-partner.de) in Düsseldorf, Essen und Velbert weist darauf hin, dass das Schicksal der letztwilligen Verfügungen von Ehegatten und Verlobten zwar in § 2077 BGB geregelt ist, man aber vergeblich nach einer vergleichbaren Norm für nichteheliche Lebensgefährten sucht.
“Ist bei langjährigen Lebensgemeinschaften kein Testament zugunsten des anderen hinterlassen worden, erhält der überlebende Lebensgefährte nichts. Erbe wird dann der nächste lebende Verwandte. Dies können die Kinder, Eltern, Geschwister oder weiter entfernte Verwandte sein. Deshalb sollte hier unbedingt testiert werden, insbesondere wenn ein gemeinsamer Haushalt besteht. Ansonsten könnten Verwandte gegebenenfalls einen Anspruch auf Hausrat oder Immobilien-(teile) geltend machen”, rät Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz.
Ein Testament, das den Ehegatten als Erbe vorsieht, wird gem. § 2077 Abs. 1 BGB mit der Ehescheidung unwirksam. Gleiches gilt, wenn der Erblasser noch vor seinem Tod die
Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte und die Voraussetzungen für eine Ehescheidung gegeben waren. Gem. § 2077 Abs. 2 BGB gilt dasselbe für das Verlöbnis. Grund für diese Regel ist, dass die letztwillige Verfügung im Zweifel nur bei Bestehen der Ehe bzw. des Verlöbnisses wirksam bleiben soll. Allerdings bleibt auch eine solche Verfügung gem. § 2077 Abs. 3 BGB bestehen, soweit sich aus ihr ergibt, dass der Erblasser seine Regelung in jedem Fall aufrechterhalten wollte.
“Die Regelung des § 2077 BGB erfasst die nichtehelichen Lebensgemeinschaften jedoch nicht, und zwar weder direkt, noch in analoger Anwendung. Daraus folgt zwingend: Die Einsetzung eines Lebensgefährten als Erben bleibt auch nach Beendigung der Beziehung wirksam”, erklärt Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz.
So hat z.B. das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 16.02.2016 (Az. 20 W 322/14) entschieden, dass § 2077 BGB nicht analog auf die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anzuwenden ist. Das OLG schloss auch eine entsprechende Anwendung aus, selbst wenn die Partner nach dem Testament geheiratet hatten und wieder geschieden wurden.
In dem entschiedenen Fall hatte der Erblasser 1974 seine nichteheliche Lebensgefährtin durch ein Testament zur Erbin eingesetzt. 1975 fand die Hochzeit statt. Die Ehe wurde im Jahre 2001 geschieden. Nach dem Tod des Erblassers beantragte dessen Bruder einen Erbschein. Er berief sich darauf, dass das 1974 verfasste Testament unwirksam geworden sei und er aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erbe sei. Ein Erbschein zu seinen Gunsten wurde zunächst erteilt.
Die ehemalige Lebensgefährtin beantragte jedoch, den Erbschein als unrichtig einzuziehen. Sie vertrat die Auffassung, sie sei aufgrund des Testamentes aus dem Jahr 1974 Erbin geworden.
Das OLG Frankfurt hat sich der Auffassung der ehemaligen Lebensgefährtin angeschlossen und das Nachlassgericht angewiesen, den unrichtigen Erbschein einzuziehen. Das Testament aus 1974 sei nach wie vor gültig. § 2077 BGB sei nicht anwendbar, da der Erblasser und seine ehemalige Lebensgefährtin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht miteinander verheiratet oder verlobt waren.
Testamentsvollstreckerin Bettina M. Rau-Franz rät daher: “Paaren ohne Trauschein ist es oft nicht bewusst, dass es kein unmittelbares gesetzliches Erbrecht für die nichteheliche Lebensgemeinschaft gibt. Erbrechtliche Fragen sollten daher grundlegend durch ein Testament oder einen gemeinsamen Erbvertrag geregelt werden. Nach einer Trennung ist zu raten, die getroffenen Regelungen nochmals auf ihre Wirksamkeit und eventuelle Anpassung zu überprüfen.”
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