Bei der heutigen 6. Rechtswissenschaftlichen Tagung der Polizeiakademie Niedersachsen ist deutlich geworden, dass die starke Zunahme von Hasskriminalität im Internet und in den sozialen Medien schon lange nicht mehr nur die Persönlichkeitsrechte weniger Nutzer verletzt, sondern sich vielmehr zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem entwickelt hat.
In seiner Begrüßungsrede zeichnete der Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, Carsten Rose, den Weg von vordigitalen “Unflätigkeiten” am Stammtisch und in Bierzeltreden, die durch die Anwesenheit anderer Menschen noch ein Mindestmaß an Selbstkontrolle sicherstellte hin zu grenzenlosem, ungefilterten Herabwürdigungen, Bedrohungen und mehr im digitalen Raum. “Staat und Gesellschaft gleichermaßen sind gefordert, dem Phänomen der Hasskriminalität im Netz entschlossen entgegenzutreten”, so Rose.
Durch die Referenten der Veranstaltung wurde das Thema mehrperspektivisch beleuchtet:
Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue hob die Bedeutung und die Vorteile der von ihm geleiteten und neu geschaffenen Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) bei der Staatsanwaltschaft Göttingen hervor, die für Straftaten im gesamten Land Niedersachsen zuständig ist. Zugleich wies er aber auch auf das Problem des Persönlichkeitsschutzes bei den sich rasant entwickelnden neuen Medien hin. Die aktuellen Gesetzespakete bezeichnete er jedoch als geeignet, die Hasskriminalität im Netz zu bekämpfen.
Frau Renate Künast, Bundesministerin a.D. und Mitglied des Dt. Bundestages, berichtete von ihren eigenen Erfahrungen in Sachen Hate Speech. Sie selbst wurde im Netz massiv angegriffen, beleidigt und bedroht. In ihrem Vortrag berichtete sie über ihre Erfahrungen beim Kampf gegen diese Art von Angriffen und die Bedeutung dieses Phänomens für die Gesellschaft. Wörtlich sagte sie: “Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zukunft der Demokratie im Netz entschieden wird”.
Rechtsanwalt Chan-Jo Jun war eingeladen auf Grund seines intensiven Engagements gegen Hasskriminalität in den sozialen Medien, insbesondere bei Facebook. Er berichtete über die juristische Auseinandersetzung mit den Sozialmedia-Unternehmen in Sachen Löschung von Beiträgen, Posts etc. In seinem Beitrag setzte er sich kritisch auch damit auseinander, ob das den Betroffenen von Hass im Netz zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium derzeit noch ausreicht.
Frau Hanna Gleiss von der “Vernetzungsstelle gegen Hate Speech (Das NETTZ)” fordert eine positive Debatten- und Meinungskultur im Netz ein und legt dar, was jeder “User” selbst dazu beitragen kann. Sie zeigte dabei auch auf, dass es zunehmend Unterstützungsmöglichkeiten gibt, um Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Hasskriminalität im Netz zu helfen. Die “Gegenrede” bezeichnete Sie als einen Ansatz, der als Überschrift für viele Projekte gewählt werden könnte.