Fr. Aug 9th, 2024

Die ISO/TS 22163 hat seit Mai 2017 IRIS, den International Railway Industry Standard, beerbt. Nach zehnjährigem Bestehen wird das international anerkannte privatwirtschaftliche Regelwerk, ein Referenzsystem, das von großen Herstellern der Schienenverkehrsbranche geschaffen wurde, nun offiziell bestätigt. Die Norm, welche gelegentlich auch als IRIS Rev. 03 bezeichnet wird, basiert weiterhin auf der ISO 9001:2015, erweitert um bahnspezifische Anforderungen. Neu hinzugekommen sind u.a. ein Reifegradmodell der Managementsysteme mit den Bewertungen Gold, Silber und Bronze, Zusatzanforderungen der Schienenfahrzeughersteller sowie die aktuelle Gliederungsstruktur der Normen. Ziele der ISO/TS 22163 sind laut Alexander Bertel, Experte für Qualitätsmanagement im Bahn- und Schienenverkehr im Partnernetzwerk der Rhein S.Q.M., weiterhin die Sicherstellung der Produktqualität und Produktsicherheit bei Bahnherstellern, deren Zulieferern sowie Engineering-Dienstleistern in der gesamten Lieferkette. Ende der Übergangsfrist für die Umstellung auf die neue ISO/TS 22163 war bereits am 14. September vergangenen Jahres. Alle bestehenden IRIS-Zertifikate – unabhängig von der auf dem Zertifikat ausgewiesenen Gültigkeitsdauer sind seit diesem Datum ungültig. Vor der (Re-) Zertifizierung sollte jedoch kein Unternehmen zurückschrecken. Gerade bei Unternehmen, die bereits nach ISO 9001:2015 zertifiziert sind, gibt es viele Überschneidungen. So empfiehlt Alexander Bertel zunächst eine gemeinsame Bestandsaufnahme. “Viele Kunden sind sich gar nicht bewusst, dass sie einige Forderungen aus der ISO/TS 22163 heute schon gut erfüllen”, weiß er aus Erfahrung.

Vom KO-Kriterium zur Hauptabweichung

Eine Neuerung der aktuellen ISO/TS 22163 macht zertifizierungswilligen Unternehmen das Leben etwas leichter: Wurden bisher während eines Audits sogenannte KO-Anforderungen nicht erfüllt, so wurde das Audit mit sofortiger Wirkung abgebrochen. Jetzt wird die Beanstandung als Hauptabweichung eingestuft und das Audit kann nach Plan fortgesetzt werden. Die häufigsten Hauptabweichungen sieht Alexander Bertel im Bereich des Änderungsmanagements. Oftmals werden Prozess- oder Produktänderungen gar nicht oder nur unzureichend kommuniziert, dokumentiert und, im Hinblick auf Auswirkungen der Änderungen, bewertet. Das kann in Bezug auf die Produktsicherheit fatal enden, denn ist bei einem möglichen Zugunfall mit Personenschäden der Prozess nicht nach dem Stand der Technik durchgeführt und dokumentiert, können verantwortliche Personen beim Hersteller bzw. Verursacher im Zweifel auch persönlich haftbar gemacht werden. Nicht ohne Grund ist das Änderungsmanagement eine KO-Anforderung.

Prüfprozesseignungen auf dem Prüfstand

Eine weitere häufige Hauptabweichung liegt im Bereich der Prüfprozesseignungen. Bemängelt werden hier fehlende oder fachlich falsch durchgeführte Prüfprozessbewertungen, welche integraler Bestandteil eines vollumfänglichen Qualitätsmanagementsystems sind und Einfluss auf die Produktqualität haben. Oft sind das schlichtweg abgelaufene Mess- und Prüfmittel, die nicht ordnungsgemäß kalibriert oder nicht ordnungsgemäß erfasst sind. Wird so beispielsweise eine bestimmte Schraube in einem Rad des Zuges von einem ungeeigneten Prüfmittel gemessen, kann die verantwortliche Organisation im Falle einer Reklamation den Stand der Technik nicht vollständig vorweisen. Wie auch beim Änderungsmanagement kann dies produkthaftungsrechtliche Relevanz haben.

FMEA als Schwachpunkt

Als drittgrößte Hauptabweichung sieht Bertel die Risiko- und Chancenbewertungen, die von den Unternehmen nicht tiefgehend genug, nicht multidisziplinär sowie methodisch unzureichend durchgeführt werden. Dies betrifft vor allem die FMEA. Die Fehler- Möglichkeits- und Einfluss-Analyse / Failure Mode and Effects Analysis ist Bestandteil der Entwicklungs- oder Prozessplanung. Risiken werden vorbeugend betrachtet und systematisch minimiert bzw. beherrschbar gemacht. Durch Risikoermittlung, -bewertung und Ableitung von Erkennungs-, Präventiv- und Abstellmaßnahmen wird das Risiko für Fehler in Entwicklungs- / Produktionsprozessen und Produkten in der Zukunft nachweislich gesenkt. Zielorientierte Maßnahmenverfolgungen sind hierbei ebenfalls oftmals eine Herausforderung für viele Organisationen.

Anforderungen der Norm nur Schikane?

Mängel im Projektmanagement sowie in der Managementbewertung gehören zu den Top 5 der Abweichungen. Der erste Punkt betrifft eine fehlerhafte Planung von Projektaktivitäten und die damit einhergehenden Gefährdungen von Meilensteinterminen oder gar Kundenterminen. Der zweite Punkt kritisiert eine nicht konsequente Umsetzung von QMS-relevanten Maßnahmen aus den vergangenen Managementbewertungen – letztlich mit negativem Einfluss auf die Leistungstrends der betroffenen Unternehmen. Organisationen, die ihre Hauptabweichungen im Vorfeld minimieren möchten, sollten vor dem Audit ein besonderes Augenmerk auf diese Bereiche werfen. Ohne Frage sind die Anforderungen an zertifizierungswillige Unternehmen gestiegen, willkürliche Schikane sind sie jedoch nicht, schlussendlich sind diese Anforderungen dem Ziel, auch im Bahnsektor Unfälle zu vermeiden, Kundenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, geschuldet.

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Andreas Twinkler

Von prgateway

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