Berlin (ots) – Im Nachgang zur heutigen virtuellen Pressekonferenz werden nachfolgende Statements von BDZ und BVTE mit der freundlichen Bitte um Berücksichtigung bei der Berichterstattung veröffentlicht.
Thomas Liebel, stellvertretender Bundesvorsitzender des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft: Die Bekämpfung des Tabakwarenschmuggels und der illegalen Herstellung von Tabakerzeugnissen obliegt allein der Zollverwaltung, Ermittlungen werden durch den Zollfahndungsdienst geführt. Nach Angaben der Zigarettenindustrie liegt der Verbrauch unversteuerter Zigaretten in Deutschland bei ca. 19 Milliarden Stück.
Die Kontroll- und Fahndungseinheiten des Zolls sind nach Ansicht des BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft aufgrund ihrer personellen und materiellen Ausstattung nur noch bedingt in der Lage die illegale Einfuhr von Zigaretten und Tabakerzeugnissen sowie der nach dem Gesetzesvorhaben vorgesehenen Steuergegenstände von erhitztem Tabak und E-Zigaretten effektiv zu bekämpfen. Der Schwarzmarkt für unversteuerte Zigaretten ist seit Jahren unverändert groß. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen eine immer weiter zunehmende Professionalisierung auf Täterseite. Es hat sich eine konkrete Schattenwirtschaft gebildet, die alle Aspekte des Wirtschaftslebens abdeckt – illegale Produktion, Transport und Lagerung sowie Geldwäsche inkriminierter Gelder. Der dadurch entstehende Steuerschaden wird auf 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Der Referentenentwurf wirkt im Bereich der neuartigen Erzeugnisse – Erhitzter Tabak und E-Zigaretten – wie ein Konjunkturpaket für die Organisierte Kriminalität.
Der Schmuggel und der Verkauf von illegalen hergestellten und unversteuerten Waren werden massiv zunehmen. Demgegenüber stehen derzeit etwa 1.250 Zöllner/innen und 2.300 Zollfahnder/innen. Sie bekämpfen in Form mobiler Kontrolleinheiten den organisierten Schmuggel im grenzüberschreitenden Warenverkehr. Seit dem Jahr 2001 gab es für den Zoll keine Personalaufstockung im Bereich der Kontrolleinheiten oder der Zollfahndung. Deren Aufgabenentwicklung ist jedoch massiv gestiegen und ist in der Gesamtheit komplexer und gefährlicher geworden. Der BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft fordert daher mindestens 4.000 zusätzliche Einsatzkräfte im Kampf gegen die organisierte Kriminalität im grenzüberschreitenden Warenverkehr. Daneben bedarf es sichtbarer Investitionen in Verbesserungen von Material und Ausstattung der Zöllner/innen – z. B. digitaler Erreichbarkeit, Einsatzfahrzeuge oder Detektionstechnik.
Jan Mücke, Hauptgeschäftsführer des BVTE: Im letzten Jahr hat die deutsche Zollverwaltung 105 Mio. geschmuggelte Zigaretten sichergestellt. Das sind 75% mehr Schmuggelzigaretten als im Vorjahr 2019, in dem der Zoll 60 Mio. Zigaretten konfiszieren konnte. Dies geht aus der Zollbilanz 2020 hervor.
Trotz Grenzschließungen und eingeschränktem Reiseverkehr war 2020 fast jede sechste konsumierte Zigarette (17,2%) nicht in Deutschland versteuert. Nach Schätzungen des BVTE dürfte mindestens ein Drittel davon geschmuggelt gewesen sein. Auch im 1. Quartal 2021 bleibt der Anteil der nicht in Deutschland versteuerten Zigaretten trotz Lockdown-Maßnahmen mit 14,9% überraschend hoch. Zigarettenschmuggel und die damit verbundene Organisierte Kriminalität bleibt ein ernstes Problem, eine weitere Abwanderung der Konsumenten zur illegalen Ware ist zu befürchten, wenn die derzeitigen Pläne der Bundesregierung zur Tabaksteuererhöhungen ab 2021 bis 2026 in ihrer jetzigen Form umgesetzt werden.
Der Entwurf für ein Tabaksteuermodernisierungsgesetz sieht vor, nicht nur klassische Tabakprodukte zu besteuern, sondern auch für E-Zigaretten eine drastische Nikotinsteuer einzuführen. Auch sollen neuartige Tabakerhitzer mit einem Aufschlag wie Zigaretten besteuert werden. Die Besteuerungspläne für klassische Tabakprodukte, wie Zigarette oder Feinschnitt, bewegen sich an der oberen Grenze des steuerlich noch Vertretbaren für die Verbraucher. Die steuerliche Belastungsfähigkeit und das Potential zur gesundheitlichen Schadensminimierung von neuartigen Produkten wie E-Zigaretten und Heat-not-Burn-Produkten wurde durch die geplante Tabaksteuermodernisierung nicht berücksichtigt.
Erfahrungen aus anderen EU-Ländern haben gezeigt, dass die Konsumenten bei überzogener Besteuerung bei E-Zigaretten sofort auf den Schwarzmarkt ausweichen oder im Ausland per Versandhandel bestellen. Jüngstes Beispiel ist Estland. Das estnische Parlament hat kürzlich dafür gestimmt, die nationale Verbrauchssteuer auf E-Liquids zwischen dem 1. April 2021 und dem 31. Dezember 2022 auszusetzen, um den Schwarzmarkt einzudämmen. “Estlands Beispiel mit der Überbesteuerung von E-Liquids sollte definitiv eine lehrreiche Erfahrung für andere Länder sein”, sagte Ingmar Kurg, CEO von NNA Smoke Free Estonia und Mitglied des Internationalen Netzwerks der Nikotinverbraucherorganisationen, in einer Stellungnahme[1].
Das Fazit des BVTE zum Entwurf eines Tabakmodernisierungsgesetzes:
[1] https://nna.ee/en/148-nna-smoke-free-estonia-commends-estonia-s-dec