Für Steuernachzahlungen werden Zinsen in Höhe von 6 Prozent fällig. Der Bundesfinanzhof hat mit aktuellem Beschluss die Verfassungsmäßigkeit der Nachforderungszinsen in dieser Höhe in Frage gestellt.
Für Steuererstattungen oder Nachforderungen gilt derzeit ein Zinssatz von sechs Prozent jährlich oder 0,5 Prozent im Monat. Kommt es nach einer Betriebsprüfung zu Steuernachforderungen können alleine die Zinsforderungen zu einer hohen finanziellen Belastung führen, zumal der Zinssatz auch in der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht an die tatsächlichen Rahmenbedingungen angepasst wurde. Der Bundesfinanzhof hat daher die Verfassungsmäßigkeit dieses hohen Zinssatzes in Frage gestellt, erklärt die Wirtschaftskanzlei GRP Rainer Rechtsanwälte.
Den Steuerstreit mit dem Finanzamt trug ein Ehepaar bis vor den Bundesfinanzhof. Das Finanzamt hatte die für das Jahr 2009 zu entrichtende Einkommensteuer zunächst auf knapp 160.000 Euro festgesetzt. Nach einer Betriebsprüfung änderte das Finanzamt den Steuerbescheid auf rund zwei Millionen Euro. Zusätzlich verlangte es für den Zeitraum von April 2015 bis November 2017 rund 240.000 Euro Nachzahlungszinsen. Das Ehepaar begehrte die Aussetzung der Vollziehung des Zinsbescheids, da es den monatlichen Zinssatz von 0,5 Prozent für verfassungswidrig hält. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht lehnten den Antrag ab.
Der BFH entschied mit Beschluss vom 25. April 2018 jedoch anders (Az.: IX B 21/18). Er gewährte die Aussetzung der Vollziehung. Das oberste Finanzgericht äußerte erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nachforderungszinsen ab dem Jahr 2015. Der Fiskus habe in den vergangenen Jahren allein durch steuerliche Betriebsprüfungen mehr als zwei Milliarden Nachzahlungszinsen eingenommen. Die Bemessung der Zinsen ist nach Ansicht des BFH realitätsfern, da sich ein niedrigeres Zinsniveau durchgesetzt habe. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz werde durch sechs Prozent Nachzahlungszinsen verletzt, ohne dass es eine sachliche Rechtfertigung dafür gebe. Sinn der Zinsen sei, den finanziellen Nutzungsvorteil, den der Steuerzahler zunächst erzielt, zum Teil wieder abzuschöpfen. Aufgrund des niedrigen allgemeinen Zinsniveaus sei dieses Ziel nicht erreichbar, so der BFH. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, die gesetzliche Höhe der Nachzahlungszinsen zu überprüfen.
Nach dieser Entscheidung des BFH können Steuerpflichtige ihre Steuerbescheide hinsichtlich der Nachforderungszinsen prüfen und ggf. Widerspruch einlegen. Im Steuerrecht erfahrene Rechtsanwälte sind kompetente Ansprechpartner.
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