“Der Tag der Seltenen Erkrankungen ist eine hervorragende Gelegenheit, um erneut darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig die Übernahme der schweren angeborenen Immundefekte in den bestehenden Screening-Katalog für Neugeborene ist”, sagt Professor Dr. med. Tim Niehues, Leiter des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin am Helios Klinikum Krefeld. Für den Initiator des Ärztenetzwerkes FIND-ID ist es zudem eine erfreuliche Entwicklung, dass durch die Möglichkeiten des Screenings die Immunologie “wie nie zuvor in den Fokus der präventiven Medizin gerückt wird.” Die Netzwerkinitiative FIND-ID will Ärzte in Krankenhäusern und Praxen dafür sensibilisieren, bei Patienten mit schweren, wiederkehrenden und zerstörerischen Infektionen an einen angeborenen Immundefekt zu denken, frühzeitig die notwendige Diagnostik zu veranlassen und mit einem der dafür vorgesehenen Schwerpunktzentren für primäre Immundefekte (ID-Zentren) zusammenzuarbeiten.
In den USA sind schwere kombinierte Immundefekte bereits in der Liste der Krankheiten erfasst, auf die beim Neugeborenen-Screening getestet wird. In Deutschland ist das noch nicht der Fall; zu den im Screening erfassten Krankheiten gehören angeborene Stoffwechsel- und Hormonerkrankungen, aber noch keine angeborenen Immundefekte. Bei Patienten, die unter dieser seltenen Krankheit leiden, ist das Immunsystem geschwächt. Sie sind deshalb extrem anfällig für Infektionen, die dann meist sehr schwer verlaufen; im schlimmsten Fall kann die Krankheit tödlich sein. Bei den besonders schweren Formen eines angeborenen Immundefektes – z. B. bei schweren kombinierten Defekten, den sogenannten SCID (Severe Combined Immunodeficiencies) – ist es lebenswichtig, die Diagnose bereits kurz nach der Geburt des Kindes zu stellen, um so schnell wie möglich mit einer entsprechenden Therapie zu beginnen. “Ein wesentliches Ziel von FIND-ID ist es, das Neugeborenen-Screening auf SCID seriös, ökonomisch und, last but not least, patientenfreundlich und ethisch vertretbar umzusetzen”, stellt Niehues fest. FIND-ID arbeitet diesbezüglich mit der Fachgesellschaft API, der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Immunologie, sowie dem Arbeitskreis Pädiatrische Immunologie (AKPI) der Deutschen Gesellschaft für Immunologie zusammen. “Diese Kooperationen sind von entscheidender Bedeutung”, betont Niehues. “Über die Fachgesellschaften kann FIND-ID auch die Politik in ihre Zielsetzungen einbinden.”
Generell ist für Niehues die Initiative ein wichtiger Fortschritt in punkto Wahrnehmung von angeborenen Immundefekten. “Insbesondere im Erwachsenenbereich ist die Awareness für diese Erkrankung noch nicht so ausgeprägt, wie wir uns das wünschen. Aus diesem Grund haben Professor Volker Wahn von der Charite Berlin und Gabriele Gründl, Vorsitzende der Patientenorganisation Angeborene Immundefekte dsai, und ich 2008 FIND-ID gegründet.” Vor allem niedergelassene Ärzte fänden damit leichter und schneller Experten und könnten Patienten mit Verdacht auf einen angeborenen Immundefekt gezielt überweisen.
“Wir brauchen noch mehr Niedergelassene bei FIND-ID.”
Der Netzwerkgedanke ist es dann auch, den Niehues für einen der wichtigsten Vorteile einer Mitgliedschaft bei FIND-ID hält. “Als Arzt kommt man schneller an Informationen, und mit den ID-Zentren sind wir in fast allen Regionen in Deutschland vertreten, so dass niedergelassene Ärzte schnell einen Experten in ihrer Nähe finden.” Er plädiert dafür, dass sich die Struktur des Netzwerkes – übergeordnete Zenten, kleinere Zentren und Niedergelassene – deutschlandweit immer mehr ausbreitet. “Es wäre hervorragend, wenn wir noch mehr Partner-Praxen hätten, so dass es für Patienten immer mehr Anlaufpunkte gibt.”
Hintergrund:
FIND-ID ist eine Netzwerkinitiative, in welche die Zentren für primäre Immundefekte, niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser und die Patientenorganisation dsai eingebunden sind. Die Netzwerkinitiative FIND-ID will Ärzte in Krankenhäusern und Praxen dafür sensibilisieren, bei Patienten mit schweren, wiederkehrenden und zerstörerischen Infektionen an einen angeborenen Immundefekt zu denken, frühzeitig die notwendige Diagnostik zu veranlassen und mit einem der dafür vorgesehenen Schwerpunktzentren für primäre Immundefekte (ID-Zentren) zusammenzuarbeiten. Nur so können Fehldiagnosen vermieden werden und Betroffene durch eine entsprechende Therapie wieder ein weitgehend normales Leben führen.
In Deutschland engagiert sich FIND-ID – Das Netzwerk für Angeborene Immundefekte seit 2008 für Aufklärung im Bereich der angeborenen Immundefekte. Ziel der Netzwerkinitiative ist es, die durch verspätete Diagnose und Therapie bedingte Morbidität und Letalität bei Patienten mit einem primären Immundefekt zu verhindern.
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