Mettmann – Die Tragfläche kippt ab, als der Pilot die Propeller-Maschine in eine weite Rechtskurve dirigiert und damit die Sicht freigibt auf das schier undurchdringliche grüne Dach am Boden. Doch sind es in diesen Sekunden weniger die riesigen Baumkronen des tropischen Regenwaldes, die die Blicke der Passagiere auf sich ziehen. Vielmehr starren alle Insassen der kleinen Cesna auf das grandiose Bild vor ihnen: Tobende Gischt und riesige Wassermassen, die sagenhafte 226 Meter in die Tiefe stürzen. Das sind sie also, die Kaieteur Falls. Ein absolutes Highlight im „Land der vielen Wasser“, so die ursprüngliche Bedeutung von Guyana.
Zweifelsohne steht das eine Flugstunde von der Hauptstadt Georgetown entfernte beeindruckende Naturschauspiel ganz oben auf der „Must-see-Liste“ einer Erlebnisreise durch Guyana. Allerdings gibt es in dieser, sich an sanftem Natur-Tourismus orientierenden südamerikanischen Destination, noch eine Vielzahl weiterer sehenswerte Wasserfälle.
Beispielsweise die Orinduik Falls an der Grenze zu Brasilien. Sie werden gerne im Ausflugspaket zusammen mit Kaieteur besucht, wodurch der Unterschied zur „Mutter aller Wasserfälle“ besonders deutlich wird. Dort unbändige Kraft, von nichts aufzuhalten. Hier dagegen eher beschauliche Wasserspiele, die zum Baden einladen. Dabei macht der Ireng River, der sich auf einer Breite von 25 Metern in Kaskaden seinen Weg sucht, eine durchaus gute Figur und präsentiert sich ebenfalls als höchst interessantes Fotomotiv. Und noch ein Unterschied fällt ins Auge. Während Kaieteur inmitten des Regenwaldes liegt, bildet bei Orinduik die Gras-Savanne eine gänzlich gegensätzliche Kulisse.
Nur gut 20 Kilometer südlich von Kaieteur befindet sich mit den Amaila Fällen ein weiterer Hot Spot. Auch wenn der Kuribrong River, ein Nebenfluss des mächtigen Potaro über eine Reihe weiterer Wasserfälle verfügt, sind die Amaila Falls am eindrucksvollsten. Das Wasser stürzt hier rund 60 Meter in die Tiefe, um dann weiter in einer steilen Rinne bergab zu fließen.
Wie bei den anderen Fällen ist der Besucher mit seiner Gruppe auch hier in der Regel allein. 90% der rund 750.000 Einwohner Guyanas leben in der Küstenregion. Die übrigen 10% teilen sich den Rest des Landes, das so groß wir Großbritannien ist. Da bleibt man schon mal für sich.
Mit 30 Kilometer nur einen Katzensprung von der im Süden Guyanas liegenden und an Brasilien grenzenden Stadt Lethem entfernt finden sich die Kumu Falls. Eigentlich ist in dieser Region die weite und grasbedeckte Savanne das prägende Landschaftsbild. Gleichwohl präsentieren sich die eher sanften Fälle des Kumu Creek inmitten grünen Dschungels. Und nicht selten endet ein Ausflug in den kühlenden Wassern natürlicher Jacuzzis, die der Fluss hier ins Gestein gegraben hat.
Ein dänischer Entdecker soll 1938 der erste Europäer gewesen sein, der einen Blick auf die spektakulären King George VI Falls werfen konnte. Sie liegen im äußersten Süden des Landes und damit in einer Region, in die sich ganz wenige Fremde verirren. Deshalb gibt es kaum verlässliche Aussagen über die exakte Fallhöhe dieses atemberaubenden Naturschauspiels. Die Angaben variieren je nach Quelle zwischen 160 und weit über 200 Meter. Das fehlende Wissen ist der beste Beweis, wie unberührt diese Region noch ist.
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Über Guyana
Guyana liegt im Norden Südamerikas am Atlantik, eingerahmt von Venezuela, Suriname und Brasilien. Das englischsprachige Land ist im Küstenbereich kulturell stark mit der Karibik verbunden, während man sich im Landesinneren eher in Richtung Amazonasgebiet orientiert.
Besuchern garantiert Guyana außergewöhnliche Erlebnisse. Ob im 183.000 km² umfassenden tropischen Regenwald mit seiner unübertroffenen Pflanzen- und Tierwelt oder mit den Kaieteur Falls, einem der weltweit mächtigsten Wasserfälle. Dabei spielen die touristischen Angebote der lokalen Gemeinden eine wichtige Rolle.
Lohnende Ziele sind auch die historischen Spots in der Hauptstadt Georgetown sowie die endlosen Savannen im Süden des Landes. Von den nur rund 750.000 Einwohnern leben die meisten in den küstennahen Regionen und belegen dabei nur rund 16% der gesamten Fläche Guyanas. Die restlichen 84% sind Natur pur.
Rolf Nieländer
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