Mo. Aug 5th, 2024

Die Neuroethik ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich im Grenzgebiet zwischen Neurowissenschaften und Philosophie bewegt. Mit der zunehmenden Verbreitung von Neuro-Enhancement (vulgo „Hirndoping“) gewinnt sie immer mehr an Bedeutung.

Stimulanzien wir Ritalin oder Modafinil, transkranielle Magnetstimulation, Gehirn-Computer-Schnittstellen und sogar genetische Veränderungen werden häufig als potenzielle Formen des Neuro-Enhancements genannt. Die Verwendung von Medikamenten oder Hirnbehandlungen zur Verbesserung der normalen Kognition wird in der Öffentlichkeit und in der Fachwelt heftig diskutiert.

Einige Befürworter des Enhancements verweisen auf die Auswirkungen der Globalisierung. Diese ist bekanntlich mit Wettbewerb und Leistungsdruck verbunden. Um die Anforderungen zu bewältigen, seien alle verfügbaren geistigen und materiellen Ressourcen zu nutzen. Das schließt auch Methoden und Medikamente ein, die sich zur Steigerungen der intellektuellen Kapazität eignen. Das übergeordnete Ziel sei es, den technologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Reichtum der Nationen zu fördern. Auf individueller Ebene könnte eine gesteigerte kognitive Leistungsfähigkeit zu einem höheren Einkommen und Wohlstand führen.

Dieser Argumentation folgend, wird kognitives Enhancement als eine völlig akzeptable Methode zur Steigerung der Denk- und Lernfähigkeit angesehen. Manche räumen ihr sogar die gleiche Wertigkeit ein wie den klassischen Methoden zur Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit, wie z. B. der privaten Bildung oder der Informationstechnologie. Geht es nach den Befürwortern, sollte das Neuro-Enhancement stark gefördert und subventioniert werden. Ihrer Ansicht nach wären dafür genauso umfangreiche Mittel bereitzustellen wie für die Bildung.

Einige Kritiker des kognitiven Enhancements halten dessen Einsatz und die daraus resultierenden Leistungen für unauthentisch und unfair. Ihrer Ansicht nach trifft dies insbesondere in einem wettbewerbsorientierten Umfeld zu oder wenn diese Technologie nicht allen Menschen zur Verfügung steht. Mehrere Gegner sind auch der Meinung, dass kognitives Enhancement eine große Abweichung von den derzeit üblichen und akzeptierten Formen der Selbstverbesserung darstellt. Im schlimmsten Fall könne es unsere Evolution als Spezies bedroht oder wichtige kulturelle Praktiken gefährdet.

Viele Gegner des kognitives Enhancements, stützen sich auf Behauptungen über das menschliche Wohlergehen und die menschliche Entfaltung. Da jedoch reale Beweise aus den Sozial- und Psychowissenschaften oft fehlen, ist die Debatte ins Stocken geraten.

In einer 2021 erschienen Arbeit beschreiben Eric Racine, Sebastien Sattler und Wren Boehlen eine Reihe wichtiger Fragen zu einigen psychologischen und sozialen Aspekten des kognitiven Enhancements. Sie erklären darin, warum es von grundlegender Bedeutung ist, diese Fragen in der Debatte über kognitives Enhancement und in der künftigen Forschung zu behandeln.

Die Autoren fordern belastbare Belege für die Auswirkungen des Enhancements auf soziale und psychologische Faktoren wie zum Beispiel das Wohlbefinden und die Motivation. Auch die Folgen für die biologische Gesundheit seien zu betrachten. Die Wirksamkeit und Sicherheit der verwendeten Arzneimittel und Verfahren seien auch außerhalb der Labors und mit standardisierten und systematischen Studien weiter zu untersuchen. Ebenso seien auch die Effekte auf psychologische und soziale Funktionen in die Überlegungen mit einzubeziehen.

Die Forscher hoffen, mit ihren Fragen und Anregungen die Debatte in der Neuroethik wieder zu beleben. In einer Zeit, in der man mit wenig Aufwand Medikamente wie Ritalin rezeptfrei kaufen kann und wo zumindest für den privilegierten Teil der Welt auch teure Anwendungen der Apparatemedizin für viele Menschen in Reichweite sind sind, ist es wichtiger denn je, diese Diskussion zu führen.

Quelle: Neuroethik und Neuro-Enhancement

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