Die Gesetze von Zeit und Raum zu überwinden ist ein uralter Traum der Menschheit. Schon in der Vergangenheit beschäftigten sich Geheimorden wie die Illuminati und der Ordo Bucintoro mit diesem Thema.
Es ranken sich so manche Legenden um den geheimnisvollen Ordo Bucintoro und seine mystische Hohepriesterin Julietta da Montefeltro, der man nachsagt, dass sie magische Kräfte hatte, nicht alterte und in so kurzer Zeit große Entfernungen überwinden konnte, wie es selbst heute mit modernen Reisemitteln nicht möglich wäre. Sie verschwand im Jahre 1562 endgültig, ohne eine Spur zu hinterlassen. Der um 1510 gegründete Orden soll angeblich noch bis ins 18. Jahrhundert hinein tätig gewesen sein, doch auch seine Spuren verlaufen sich im Sand.
Buchtipp:
Mystica Venezia
Eine verschwundene Braut und ein geheimnisvoller Orden
Guido hat sich seine Hochzeitsreise nach Venedig dann doch etwas anders vorgestellt. Verzweifelt macht er sich gemeinsam mit seiner Schwägerin Ana Karina in den Wirren des Karnevals, der durch die engen Gassen der Lagunenstadt tobt, auf die fast aussichtslose Suche nach Christina Maria und stößt dabei auf eine geheimnisvolle Legende.
Leseprobe aus dem Buch:
Eine seltsame Veränderung ging mit Ana Karina vor, nachdem sie die Mauer passiert hatten. Das blieb auch ihren beiden Begleitern nicht lange verborgen. Mit beinahe hoheitlicher Würde gab sie wie selbstverständlich ihre Befehle:
„Rudert dort an den Rand. Nein, weiter nach links. Dann warten wir das Tageslicht ab.” Der Wasserstand schien jetzt wesentlich niedriger zu sein, dunkel ragten zu beiden Seiten des Kanals Felsen auf. Ein heller Mond tauchte die Landschaft in ein bleiches und gespenstisches Licht.
Guido hatte sich auf der einen Sitzbank ausgestreckt und schlief, Karina hatte sich auf der anderen an Toni geschmiegt und ihren Blick in weite Ferne gerichtet. Toni merkte, wie ihm der Kopf immer schwerer wurde und ihm schließlich die Augen zufielen.
Als er aufwachte, dämmerte bereits das Tageslicht und der Mond verblasste. Ana Karina saß noch in gleicher Stellung an ihn gelehnt, anscheinend hatte sie als einzige nicht geschlafen. ‚Als ob sie Wache halten würde’, dachte er. Langsam wandte sie ihm ihren Blick zu.
„Es ist Zeit, aufzubrechen.” Etwas Ruhiges aber Bestimmendes lag in ihrer Stimme, das keinen Widerspruch duldete. Energisch rüttelte sie Guido wach. Der sah sich verwirrt um und rieb sich dann die Augen.
„Ach ja, willkommen im Mittelalter”, sagte er mürrisch. „Aber warum ist es plötzlich schon so warm hier am frühen Morgen?”
„Ich habe keine Ahnung. Hoffentlich sind wir nicht im Hochsommer gelandet und müssen monatelang ausharren, um ins 21. Jahrhundert zurückzukehren”, erwiderte Toni düster.
„Erstmal müssen wir den Sitz des Ordens finden und den Stein abgeben. Das allein ist jetzt wichtig. Wie und wann wir zurückkommen ist momentan irrelevant.” Karina sah entschlossener aus denn je, und ihre Art, sich auszudrücken, mutete fast fremdartig an. Toni betrachtete sie heimlich von der Seite. Was war mit seiner Freundin geschehen? Sie veränderte sich zusehens vor seinen Augen. Dann schüttelte er den Kopf. Der Schlafmangel, die ganze Ungewissheit und Anspannung, sicher sah er nur Gespenster.
Sie schauten sich neugierig um. Venedig erstrahlte in vollem Glanz im Licht der aufgehenden Sonne. Prunkvolle Paläste wechselten sich mit einfacheren Häusern ab. Doch noch war der Putz nicht abgebröckelt, die Farben weitgehend erhalten, und die Fassaden der Stadt erzählten von Reichtum und Wohlstand. Toni atmete tief ein und seufzte plötzlich. Karina lehnte den Kopf an seine Schulter, während er ruderte und betrachtete unter halb geschlossenen Lidern die vorbeiziehenden Bauten. Plötzlich stand sie ruckartig auf und streckte gebieterisch ihre Hand aus: „Stopp! Dort hinüber!” Guido und Toni ruderten gehorsam nach rechts und steuerten auf den kleinen Steg vor dem weiß getünchten Haus, das fast wie ein kleiner Palazzio aussah, zu.
„Das ist der Sitz des Ordo Bucintoro”, erklärte Ana Karina den verdutzt dreinschauenden Männern.
„Woher weißt du das denn so genau?”, wollte Guido wissen. Er murrte leise vor sich hin. Dieser Ausflug ins Ungewisse war so ganz und gar nicht nach seinem Geschmack.
In ihren grünen Augen leuchtete ein fast überirdischer Glanz, als sie ihm ihr schönes Gesicht zuwandte.
Hochaufgerichtet und mit Stolz in der jetzt leicht rauchigen Stimme sagte sie:
„Ich bin die Sacerdotessa Magna, die Hohepriesterin des Ordens. Wenn nicht ich, wer sollte es wohl dann wissen?“
©byChristine Erdic
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Die deutsche Buchautorin Christine Erdic lebt zur Zeit hauptsächlich in der Türkei.
Beruflich unterrichtet sie in der Türkei Deutsch für Schüler (Nachhilfe), sie gab
Sprachtraining an der Uni und machte Übersetzungen für türkische Zeitungen.
Christine Erdic
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