Fr. Jun 28th, 2024

Düsseldorf/Wuppertal (ots) –

Alles ist richtig, was in den vergangenen Tagen gegen den Streik der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) an Argumenten ins Feld geführt wurde. Oder? Der Ausstand kommt zu einer Zeit, in die Arbeitskampf bei der Bahn überhaupt nicht passt. Mehr Menschen in die wenigen noch fahrenden Züge oder in schon überfüllte Busse zu drängen, ist unverantwortlich und sollte längst dazu führen, dass GDL-Chef Claus Weselsky zur Vernunft kommt. Schließlich ist die Bahn AG der kleineren Gewerkschaft im Konzern schon entgegengekommen. Auf den ersten Blick fehlt nur die Bereitschaft, die Lohnerhöhung von 3,2 Prozent bereits für das laufende Jahr zu bezahlen.

Auf den zweiten Blick fehlt mehr. Es geht, wie DGB-Chef Reiner Hoffmann kritisiert, nicht allein um die Lokführer, sondern um das Überleben der GDL und Weselsky als Vorsitzenden. Die GDL ist im Vergleich zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die kleinere in der Bahn AG. Und damit ist sie gefährdet. Denn seit 2015 gilt das Tarifeinheitsgesetz, nachdem in Unternehmen die Tarife gelten sollen, die von der mitgliederstärksten Gewerkschaft ausgehandelt werden. Ziel ist, beispielsweise die Pilotenvereinigung Cockpit auszubremsen, die es mit wenigen Mitgliedern regemäßig schafft, den Flugbetrieb lahmzulegen. Mithin ist Weselsky derzeit auch auf Werbetour. Seine Gewerkschaft muss wachsen, damit sie Tarife aushandeln, also weiter existieren kann. Reiner Hoffmanns Analyse trifft zu. Sie ist aber auch doppelzüngig. Denn die GDL ist anders als die EVG nicht im Deutschen Gewerkschaftsbund organisiert. Die Existenz der GDL interessiert Hoffmann nicht.

Abgesehen davon, dass Corona vor wenigen Wochen noch kein Gegenargument zur Fahrt in Bussen und Bahnen gewesen ist und seinen Schrecken offenbar erst mit dem Lokführerstreik gewonnen hat, macht Weselsky nur das, wozu ihn die GDL-Mitglieder autorisierten. Der Streik ist für Betroffene äußerst ärgerlich. Wer aber soziale Marktwirtschaft und Tarifautonomie will, der muss auch Arbeitskampf in Kauf nehmen.

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Laura Jahn

Von Laura

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