In der Wählertäuschung haben auch deutsche Politiker Medaillenchancen
Wählertäuschung scheint auf den ersten Blick eine Wettkampf-Disziplin griechischer Politiker zu sein. Weit gefehlt! Auch Politiker anderer Länder sind in der Wählertäuschung geübt. Einige deutsche Politiker hatten sogar gute Medaillen-Chancen.
Top-Favorit für die Goldmedaille wäre Alexis Tsipras, der Vorsitzende der linkspopulistischen Syriza-Partei und griechische Ministerpräsident. So abenteuerlich war sein Zickzackkurs in der griechischen Staatsschuldenkrise, dass er die Irrfahrten und Listen des Odysseus in den Schatten stellt. In die Proteste und Streiks der Griechen gegen die von den Gläubigern erzwungenen Reformen und Sparmaßnahmen mischt sich die Wut über die Syriza-Regierung, die nun das Gegenteil von dem tut, was sie versprochen hat: Statt den Sparkurs zu beenden, setzt sie ihn fort. Der Publizist und ehemalige Chefredakteur des Handelsblattes, Rainer Nahrendorf, geht in seinem E-Book den Fragen nach: „Wie viel Lüge verträgt die Politik? Und wie viel Wahrheit der Wähler ?“ Die Antwort auf die erste Frage könnte „viel“ und auf die zweite Frage „nicht viel“ lauten. Nahrendorf hält dagegen. Er wirbt für einen neuen Politikstil der Ehrlichkeit, für eine Kultur der Redlichkeit. Das mag manchen alten politischen Hasen naiv erscheinen, die allenfalls eine Strategie dosierter Wahrheiten für erfolgreich halten. Aber darin liegt nach Nahrendorfs Ansicht gerade das Problem: in einem Mangel mancher Politiker an Aufrichtigkeit und Mut, an Überzeugungs- und Führungskraft, in der allzu schnellen Diffamierung des politischen Gegners, wenn es dieser mit der Wahrheit versucht.
Lügen wollen manche Politiker ihre „Irrtümer“ nicht genannt wissen, aber kam der „Rentenirrtum“ Helmut Schmidts einer Lüge nicht sehr nahe? War es nicht eine Wählertäuschung, als die Union und die FDP 1990 Steuererhöhungen zur Finanzierung der Kosten der deutschen Einheit ausschlossen? Vizekanzler Sigmar Gabriel fordert Ehrlichkeit von Merkel und Schäuble. Er warnt davor, die Kosten der Flüchtlingskrise zu unterschätzen und nicht zu benennen. Er meint, es sei ein bisschen so wie bei der deutschen Einheit. „Da wurden die Kosten auch erst verschwiegen und erst danach kam das dicke Ende mit Schuldenbergen und Steuererhöhungen.“ Warum stürmte Elmar Brandts Steuersong die Charts? Er war gegen Gerhard Schröder gerichtet und begann so: „Was Du heute kannst versprechen, darfst Du morgen wieder brechen…Ich erhöhe euch die Steuern. Gewählt ist gewählt!“ Warum gab es in Ende 2002 und 2003 den ersten „Lügenausschuss“ des Deutschen Bundestages?
Auch die Deutschen hatten wie die Griechen schon häufiger das Gefühl, betrogen worden zu sein. Dies zeigt die Sammlung deutscher Lügengeschichten im Hauptteil des E-Books. Er ist bereits Ende 2008 als Printversion unter dem Titel “Der Pinocchio-Test“ erschienen. Mancher mag die Lügengeschichten für „olle Kamellen“ halten, doch auch sie gehören zur jüngsten deutschen Zeitgeschichte. Die Lügengeschichten machen allzu gutgläubige Wähler skeptisch. Diese Skepsis erhöht das Entdeckungsrisiko für Politiker, wenn diese es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Nur glaubwürdige Politiker können die Vertrauenskrise zwischen den Parteien und ihren Wählern beenden. Ohne das Schließen der Vertrauenslücke wird die Wahlbeteiligung weiter sinken.
Wie viel Lüge verträgt die Politik? Und wie viel Wahrheit der Wähler ?
Zwischen Wählertäuschung und Irrtum
ePUB 1,99 €. Im Shop von epubli.de; Amazon und allen etablierten E-Book-Vertrieben
ISBN:9783737585798
Rainer Nahrendorf
Selbstverlag
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