„Was wir seismologisch messen können, sind vor allem Geschwindigkeitskontraste. Das sind Unterschiede in der Ausbreitungsgeschwindigkeit von seismischen Wellen in unterschiedlichen Materialien“, sagt Knapmeyer-Endrun, Erstautorin der Publikation. „Hier gibt es dann, sehr ähnlich zur Optik, Phänomene wie Reflexion und Brechung. Für die Kruste kommt uns zugute, dass Kruste und Mantel aus unterschiedlichen Gesteinen bestehen und es einen ziemlich starken Geschwindigkeitssprung zwischen den beiden gibt.“ Anhand dieser Sprünge lässt sich die Krustenstruktur sehr genau ausmachen.
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Die Daten zeigen, dass an der InSight-Landestelle die oberste Schicht etwa 8 (+/-2) km dick ist. Darunter folgt eine weitere Schicht bis in etwa 20 (+/-5) km. „Dann könnte bereits der Mantel folgen. Dies wäre eine überraschend dünne Kruste, auch im Vergleich zur kontinentalen Kruste auf der Erde. Unter Köln ist die Erdkruste etwa 30 km dick“, erläutert Knapmeyer-Endrun. Eventuell gibt es auf dem Mars aber noch eine dritte krustale Schicht, so dass die Marskruste unter der Landestelle etwa 39 (+/-8) km dick wäre. Das würde eher zu bisherigen Annahmen passen, allerdings ist das Signal von dieser Schicht mit bisherigen Daten nicht eindeutig einzuordnen. „In beiden Fällen können wir jedoch ausschließen, dass die ganze Kruste aus dem gleichen Material besteht, das man aus Oberflächenmessungen und von Marsmeteoriten kennt“, so die Geophysikerin. „Die Daten sprechen eher dafür, dass die oberste Schicht aus einem unerwartet porösen Gestein besteht. Auch könnten in größeren Tiefen andere Gesteine vorliegen als die Basalte, die man an der Oberfläche sieht.“
Die einzelne, unabhängige Messung der Krustendicke an der InSight-Landestelle reicht aus, um die Kruste über den ganzen Planeten hinweg zu kartieren. Durch Messungen von Satelliten, die den Mars umkreisen, kennt man das Schwerefeld des Planeten sehr genau. Dadurch können relative Unterschiede in der Krustendicke in Bezug zur InSight-Messung gesetzt und relativ in absolute Werte für den gesamten Mars umgerechnet werden.
Die Krustenmächtigkeit des Mars ist von besonderem Interesse, da sich die Kruste zu einem frühen Entstehungszeitpunkt aus den Resten eines geschmolzenen Mantels gebildet hat. Die Daten zur heutigen Beschaffenheit können also auch Aufschluss darüber geben, wie sich der Mars entwickelt hat. Zudem hilft ein genaueres Verständnis der Entwicklung des Mars zu entschlüsseln, wie frühe Differenzierungsprozesse im Sonnensystem abgelaufen sind und warum etwa Mars, Erde und andere Planeten heute sehr unterschiedlich sind.
InSight ist eine Mission der amerikanischen Weltraumagentur NASA. Die Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) geleitet. Die Landeeinheit wurde von Lockheed Martin Space gebaut. Zahlreiche europäische Partner sind mit Beiträgen zu den wissenschaftlichen Instrumenten an InSight beteiligt. Das Seismometer SEIS wurde von einem Team unter Leitung der französischen Weltraumagentur CNES zur Verfügung gestellt. Weitere Partner sind das Institut de Physique du Globe de Paris (IPGP, Frankreich), die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH, Schweiz), das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS, Deutschland), das Imperial College London und Oxford University (Großbritannien), und das Jet Propulsion Laboratory (JPL, USA). Das Centro de Astrobiología (CAB, Spanien) hat die Temperatur- und Windsensoren zur Verfügung gestellt. Das Instrumentenpaket HP3 wurde unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter Beteiligung der Polnischen Akademie der Wissenschaften und Astronika (Polen) entwickelt und gebaut.
Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Brigitte Knapmeyer-Endrun