Fr. Jun 7th, 2024

Mainz (ots) – Die Aufregung um die Aktion #allesdichtmachen, bei der Schauspieler mit ironischen Videos die Corona-Maßnahmen kritisieren, ist der beste Beleg dafür, dass das Land langsam durchdreht. Das mag ein sehr flapsiger Kommentar sein im Angesicht einer existenziellen Krise; bezogen auf die Diskussionskultur passt er allerdings. Denn obwohl die Lage viel zu komplex ist für Schwarz-Weiß-Einteilungen in “Gut” oder “Böse”, geschieht nun erneut genau das. Dabei ist es doch so: Man kann die Corona-Maßnahmen kritisieren, ohne ein Corona-Leugner zu sein; und man kann die Maßnahmen für richtig halten, ohne die #allesdichtmachen-Protagonisten als Corona-Leugner abzuqualifizieren. Versuchen wir es deshalb etwas differenzierter: Das Motiv für die Aktion ist berechtigt – aber der Weg ist der falsche. Das beginnt damit, dass Ironie, Satire, Sarkasmus offensichtlich nicht die passenden Mittel sind im Umgang mit einer Krise wie Corona – weil dies viele Menschen vor den Kopf stößt. Da sorgen sich zynische Promis um ihre Privilegien und machen sich über die Opfer lustig, das ist der Eindruck bei vielen. Dass die Videos für Empörung sorgen, andererseits aber auch für “Jubel” im “Querdenker”-Lager, war zu erwarten. Wenn einige Schauspieler sich jetzt davon distanzieren, dann stellt sich vor allem die Frage, mit welch großer Naivität sie überhaupt mitgemacht haben. Nur: Kaum eine Corona-Maßnahme ist alternativlos – ist jetzt jeder kritische Beitrag verboten, nur weil er “den Falschen” gefallen könnte? Nach dem Motto: Satire darf alles – aber nur, wenn sie zur eigenen Meinung passt? Ziemlich unter geht, dass #allesdichtmachen auch eine Reaktion ist auf #harterlockdownjetzt, #SchulenKitasBuerosZu und #NoCovid. Hinter diesen Hashtags versammeln sich die Befürworter noch härterer Maßnahmen. Aber in einer zunehmend radikalen Art, die jede Diskussion erstickt. Wenn Schulen nur noch als Virenschleudern gesehen werden, wenn nach geschlossenen Kitas gerufen wird, weil man sonst Menschenleben gefährde, wenn jede Kritik als “Querdenker”-Argument diskreditiert wird – dann verhindert dieser Angst erzeugende, moralischen Druck aufbauende Ton jeden vernünftigen Austausch über die Maßnahmen. Ein WDR-Rundfunkrat hat zwischenzeitlich sogar gefordert, die Zusammenarbeit mit den Beteiligten zu beenden. Wo soll das noch hinführen? Welchen Wert haben Meinungs- und Kunstfreiheit dann überhaupt noch? Diese soziale und berufliche Ächtung von Menschen, die die Gefahr durch Corona nicht abstreiten, die aber auf die Folgen und Kollateralschäden des Lockdowns hinweisen, muss aufhören.Zu den Widersprüchen bei #allesdichtmachen gehört, dass diese Aktion einerseits zum richtigen, andererseits zum genau falschen Zeitpunkt kommt. Richtig, weil die Bundesregierung trotz aller Warnungen ein Gesetz zur “Bundes-Notbremse” durchgepeitscht hat, das absehbar in Teilen nicht vor Gericht Bestand haben wird. Weil die Maßnahmen in Teilen nicht verhältnismäßig sind. Die Aktion kommt aber auch zum falschen Zeitpunkt – weil es niemanden braucht, der noch mehr Öl ins Feuer gießt. Die Vernünftigen in diesem Land müssen verbal abrüsten, das ist die Lehre aus dieser Aktion. Sonst kommt man aus den Ecken nicht mehr heraus, in die man sich gebracht hat oder in die man gebracht wurde. Dabei ist das gemeinsame Ziel, ein Ende der Belastungen und Beschränkungen, eigentlich nah: Das exponentielle Wachstum der Infektionen scheint hierzulande gestoppt, die schlimmen Prognosen des RKI mit bundesweiten Inzidenzwerten über 300, 400, 500 sind nicht eingetreten. Offenbar haben viele (vernünftige) Bürger ihr Verhalten der Lage angepasst – auch ohne “Bundes-Notbremse”. Zugleich geht es beim Impfen sichtlich voran. Es gäbe wirklich Anlass zu Hoffnung und Optimismus – für spaltende, verletzende, zerfleischende Aktionen und Re-Aktionen ist keine Zeit.

Pressekontakt:

Allgemeine Zeitung Mainz
Zentraler Newsdesk
Telefon: 06131/485924
desk-zentral@vrm.de

Pressemitteilung teilen:

Schreibe einen Kommentar