Sa. Apr 27th, 2024

Frankfurt (ots) – Die Corona-Pandemie war und ist ein unvorhergesehenes und nicht prognostizierbares Ereignis, ein schwarzer Schwan also. Wie lange aber bleibt er, der schwarze Schwan? Besser noch: wie lange bleibt der Schwan schwarz?

Verlässlich ist diese Frage nicht zu beantworten. Deswegen verharren alle Bereiche der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Politik und natürlich auch die Immobilienmärkte in einem Zustand der Ungewissheit. Der seit Dezember geltende Lockdown wurde zunächst einmal bis Ende Januar verlängert. Unsicher bleibt trotz der (nur schleppend) angelaufenen Impfungen die Infektionslage und selbst die Wirtschaftsforscher begrüßen harte, aber zeitlich begrenzte Maßnahmen. Einig scheinen sich die Ökonomen darin, dass Deutschland erneut in eine technische Rezession fallen wird. Sowohl im letzten Quartal 2020 als auch im Auftaktquartal 2021 dürfte das Wirtschaftswachstum ins Negative gesunken sein.

Damit scheint sich zu bestätigen, dass der wirtschaftliche Erholungspfad beschwerlicher sein wird als zunächst erwartet. Die Prognosen für das BIP-Wachstum 2021 hatten sich im Jahresverlauf 2020 von über 5 Prozent auf aktuell nur noch 3,8 Prozent reduziert. “Die unterstützenden Maßnahmen der Politik helfen über die größten Verwerfungen hinweg, aber wir erleben derzeit eben doch eine manifeste Konjunkturkrise, die alle Branchen und Segmente erfasst hat”, so Dr. Konstantin Kortmann, Head of Leasing & Agency JLL Germany. Die verschiedenen Klimaindizes sprechen je nach Nachrichtenlage eine deutliche Sprache: Die Nachrichten zum Impfstoff hatten den Aktienkursen im November einen Sprung versetzt, genau der gegenteilige Effekt war mit dem zweiten Lockdown eingetreten: Sinkende Kauflaune und schlechte Konsumstimmung. Der von der GfK für Dezember ermittelte Konsumklimaindex fiel auf minus 6,7 Punkte, nachdem er im November noch minus 3,2 Zähler betragen hatte. Und wiederum ein eigentlich nationales Ereignis wie der Ausgang der Senatswahl im US-Bundesstaat Georgia treibt die Aktienkurse.

“Als Stütze erweisen sich aktuell auf jeden Fall die Industrieunternehmen. Dies belegt unter anderem ein Blick auf die Kurzarbeit. In der Industrie ist die Kurzarbeit über alle Branchen zum Ende des Jahres gesunken, gestiegen ist sie jedoch in den beiden Branchen, die vom zweiten Lockdown besonders betroffen sind: im Einzelhandel und im Gastgewerbe. So erhöhte sich die Zahl der Arbeitnehmer in Kurzarbeit im Einzelhandel im Dezember auf immerhin über 6 Prozent der hier sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und im Gastgewerbe auf 39 Prozent – mit erheblichen Auswirkungen auf die Wirtschaft in ihrer Gesamtheit, aber auch auf die Immobilienbranche”, kommentiert Konstantin Kortmann.

Insgesamt hat die Corona-Krise 2020 den mehr als ein Jahrzehnt währenden Aufwärtstrend am deutschen Arbeitsmarkt abrupt beendet. Im Jahresdurchschnitt 2020 waren rund 44,8 Millionen Personen in Deutschland erwerbstätig. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes lag die Zahl damit um 477.000 oder 1,1 Prozent niedriger als 2019. Den stärksten Rückgang der Erwerbstätigen gab es im vergangenen Jahr bei den Dienstleistern mit 281.000. Insgesamt waren noch rund 33,5 Millionen Personen in den Dienstleistungsbereichen tätig. Die größten Beschäftigungsverluste hatten der Bereich Handel, Verkehr, Gastgewerbe und die Unternehmensdienstleister. Beschäftigungsgewinne gab es hingegen im Bereich Öffentliche Dienstleister, Erziehung und Gesundheit.

Deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Büroflächen, besonders Großanmietungen fehlen

“Die konjunkturellen Rahmenbedingungen stellten sich vor diesem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund alles andere als positiv dar. So ist es wenig verwunderlich, dass sich auch auf den deutschen Büromärkten eine deutliche Nachfrageschwäche ausgebreitet hat. Der Rückgang des Büroflächenumsatzes in den Big 7 beläuft sich auf über 33 Prozent und schließt mit einem Gesamtvolumen von 2,67 Mio. m². In der aktuellen Rezession überwiegt der Rotstift: Umzugspläne werden zunächst aufgeschoben oder es wird eine Vertragsverlängerung in den bestehenden Flächen angestrebt. In der Konsequenz fehlen vor allem die großflächigen Vermietungen ab 10.000 m². Hier zeigen sich die Zurückhaltung und Nachfrageschwäche besonders deutlich. 32 Abschlüsse mit insgesamt 656.000 m² in der Aggregation über alle Big 7 konnten 2020 in dieser Größenordnung verzeichnet werden, entsprechend einem Minus von 43 Prozent gegenüber 2019 in Bezug auf die Anzahl der Deals”, erläutert Kortmann.

Umsatzrückgänge sind bei allen sieben Immobilienhochburgen zu beobachten: mit minus 25 Prozent in München bis zu minus 55 Prozent in Stuttgart. Und auch im erfolgsverwöhnten Berlin sank der Umsatz um 25 Prozent. Trotzdem reichten die 745.000 m², um sich deutlich an die Spitze der Big 7 zu setzen. “Das vielleicht sichtbarste Zeichen der Krise mag das Quartalsergebnis in München sein. Nicht einmal 100.000 m² wurden vermietet, zumindest bis 1998 zurück gab es keinen niedrigeren Umsatz in der bayerischen Landeshauptstadt”, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Konstantin Kortmann ergänzt: “Wir sind ohne Zweifel an einem Zykluswendepunkt angekommen. Wie stark dieser ausfallen wird, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Aufgrund des zeitverzögerten Eintretens der konjunkturellen Effekte in Verbindung mit der zögerlichen Bereitschaft der Unternehmen, wieder mehr Personal einzustellen, rechnen wir ab Mitte 2021 mit einem Anziehen der Vermietungen. Positiv unterstützend sollten dabei die auslaufenden Mietverträge aus den Abschlüssen der letzten Jahre im Volumen von rund 3,2 Mio. m² wirken. Auch große Gesuche, einige bereits für das erste Quartal avisiert, könnten in Summe für ein Umsatzvolumen in 2021 auf rund 2,9 Mio. m² sorgen, das wäre immerhin wieder ein Plus von 11 Prozent. “Doch wie in der gesamten Wirtschaft steht und fällt der Markt mit den weiteren Entwicklungen der Pandemie, dem Impffortschritt und den politischen Entscheidungen. Man braucht kein Hellseher zu sein, um den Zusammenhang auf den Punkt zu bringen: je länger der Lockdown, desto weniger Vermietungen”, so Scheunemann.

Leerstände steigen teilweise kräftig

Wie bereits im Jahresverlauf prognostiziert, haben sich die Leerstände in den meisten Städten erhöht. Die Büro-Leerstandsquote hat zum Jahresende im Schnitt 3,7 Prozent (2019: 3,0 %) erreicht und bewegt sich damit aber immer noch deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt. Im Gegensatz zum Umsatz zeigen sich die Märkte in Bezug auf die Leerstandsentwicklung noch uneinheitlich. Während in der Aggregation aller Big 7 das Volumen freier Flächen im Jahresvergleich um 23 Prozent angestiegen ist, verzeichnete Stuttgart noch einen weiteren Rückgang und auch in Hamburg blieb der Leerstand stabil. Überdurchschnittlich mit Raten von jeweils über 50 Prozent zog der Leerstand dagegen in Berlin und München an, dennoch bleiben die Leerstandsquoten auch hier mit 2,8 und 3,5 Prozent weiterhin niedrig.

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Laura Jahn

Von Laura

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