Fr. Mai 3rd, 2024

Zu viel Kohlenhydrate, vor allem die süßen Einfach-Zucker, machen dick. Die komplexeren Mehrfachzucker dagegen sind als Ballaststoffe wichtig für die Gesundheit. Wir können diese Ballaststoffe aus Gemüse und Getreide weniger gut verdauen als Tafelzucker. Es wird angenommen, dass sie wie ein Schmiermittel wirken, das die Nahrung schneller durch den Körper befördert. So bleibt dem Körper weniger Zeit, Energie zu extrahieren – man bleibt schlank. Prof. Dr. Jan-Hendrik Hehemann von der Universität Bremen vermutet, dass komplexe Zuckermoleküle – sogenannte Polysaccharide – aus Algen im Kohlenstoffzyklus des Meeres eine ähnliche Funktion haben könnten. Seine Arbeit wird nun mit einer Heisenberg-Professur von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Was wäre, wenn Polysaccharid-Ballaststoffe auch im Ozean dazu führten, dass Nahrung schneller absinkt und weniger verdaut würde? Diese Art von Fragestellung untersucht Jan-Hendrik Hehemann vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen mit seiner Arbeitsgruppe „Marine Glykobiologie“, die als Brückengruppe am MARUM und gleichzeitig am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen angesiedelt ist. Auf ihrer Forschung wird die neue Gruppe „Glykobiochemie“ jetzt zusätzlich am Fachbereich 2, Biologie/Chemie, der Universität Bremen aufbauen.

Im Meer wird die Nahrung an der Oberfläche insbesondere durch mikroskopische Algen produziert. Diese Algen synthetisieren große Mengen an Polysacchariden aus dem Treibhausgas Kohlendioxid. Durch diese Mehrfachzucker kleben Materialien wie Zellen, Mineralien und Staub zusammen und bilden schwere Partikel, die schnell durch die Wassersäule sinken. Die Polysaccharide könnten also – so die Hypothese Hehemanns – auch im Ozean dafür verantwortlich sein, dass kohlenstoffreiches Material schneller befördert wird, analog zur Nahrung beim Menschen. Als Folge könnten Polysaccharide dabei helfen, Kohlenstoff in der Tiefe des Ozeans und im Sediment zu speichern.

„Um solche Fragen zu beantworten, müssen wir Polysaccharide genau messen können, und hier liegt das Problem. Es sind besonders komplizierte Moleküle, die schwer zu erfassen sind. Bakterien allerdings haben Wege gefunden, um Polysaccharide aufzuspüren und als Nahrung zu nutzen. Sie verwenden Proteine, um Polysaccharide einzufangen und Enzyme, um sie zu verdauen. Wir untersuchen, wie die Bakterien Polysaccharide erkennen und wie ihre Enzyme funktionieren“, erklärt Jan-Hendrik Hehemann. „Jedes Bakterium, jeder Mikroorganismus hat eigene Enzyme, seine eigenen Werkzeuge, um Polysaccharide zu zerschneiden. Diese Enzyme können wir verwenden, um Zuckermoleküle im Meer zu messen und somit die Ballaststoff-Hypothese zu testen.“

Die Enzyme von Bakterien sind verantwortlich für den Abbau der Zuckerverbindungen, sie brechen die großen, komplizierten Polysaccharide in kleinere, einfachere Einheiten auseinander. Diese Einfachzucker sind laut Hehemann einfacher zu messen als Polysaccharide. „So können wir durch die Messung der Einfachzucker, ähnlich einem Diabetes-Zuckertest, auch die Polysaccharide quantifizieren. Bakterien lehren uns, wie man es macht. Polysaccharide lassen sich so zum ersten Mal akkurat quantifizieren. Bakterien, die kleinsten Organismen der Erde, als Lehrmeister zu akzeptieren, um den globalen Kohlenstoffkreislauf analytisch zu erfassen, ist ein neuer Ansatz in der Meeresforschung, der von unserer Arbeitsgruppe entwickelt und angewendet wird.“

Dank dieses Verfahrens sei es nun möglich zu messen, welche Zucker am häufigsten vorkommen, welche in die Tiefe sinken und somit als Ballaststoff im Ozean wirken. Dies wiederum lässt Rückschlüsse auf die Rolle der Polysaccharide im Kohlenstoffkreislauf zu. Die Analytik und die Forschung der neuen Arbeitsgruppe „Glykobiochemie“ leisten einen wichtigen Beitrag für das Verständnis des Ozeans als Kohlenstoffspeicher.

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