Mi. Mai 8th, 2024

München (ots) –

Die geplanten Themen:

Willi Sitte – Eine Retrospektive

Am 3. Oktober öffnet das Kunstmuseum Moritzburg die Tore für eine Retrospektive des Malers Willi Sitte. Auf zwei Etagen wird der künstlerische Werdegang und der politische Kontext seiner DDR-Karriere dokumentiert. Der in Tschechien geborenen Künstler ließ sich von Fernand Léger und Renato Guttuso inspirieren und er bewunderte Picasso. Mit großem zeichnerischen Talent schuf er zahlreiche an der klassischen Moderne orientierte Arbeiten, die aber von seiner Partei zunächst mit dem Verdikt des Formalismus und der Dekadenz belegt wurden. Seine großen Tafelbilder widmen sich politischen Themen, wie dem Arbeiteraufstand in Leuna und dem Vietnamkrieg. Politisch erwies sich Sitte als Vorzeigekommunist. Er wurde Präsident des Verbandes Bildender Künstler, schließlich sogar Mitglied des Zentralkomitees, ein Gläubiger der kommunistischen Idee, der die staatlichen Repressionen niemals infrage stellte. Der schwierige Balanceakt zwischen politischem Statement und künstlerischer Komplexität zieht sich als roter Faden durch sein Leben und Werk. Am Ende wurde der nackte Mensch zum beherrschenden Motiv seiner Bilder, menschliche Körper in allen Drehungen, er paarte darin Farbenwucht mit barocker Sinnlichkeit. In diesem Jahr wäre Willi Sitte 100 Jahre alt geworden.

Autor: Reinhold Jaretzky

Halle – Rückblick und Zukunft

Halle an der Saale, was ist das für eine Stadt? Kulturstadt, Industriestadt, Chemiearbeiterstadt? 1945 war Halle die einzige deutsche Großstadt ohne wesentliche Kriegsverluste in der Bausubstanz. Erst die DDR organisierte einen beispiellosen Verfall, der jetzt, 31 Jahre nach der deutschen Einheit, endgültig gestoppt scheint. Halle hat überlebt und sucht nun nach einer Erzählung für die Zukunft. Doch wo findet man die neue Geschichte, ein positives Image, den Weg raus aus der grauen Vergangenheit. Wenn Halle in den Schlagzeilen auftauchte, dann warf ein frustrierter Ossi Eier auf den Bundeskanzler, dann wurde eine Himmelsscheibe gerettet und ein Menschenfeind tötete mit seiner selbstgebauten Waffe. Was hängen bleibt, ist ein Vexierbild, Halle liegt erst einmal im Auge des Betrachters.

Wie also soll man eine konsistente Vision entwickeln, die weiterreicht als bis nach Merseburg? Drei Kulturschaffende, die Pianistin Ragna Schirmer, der Maler Moritz Götze und der neue Opernintendant Walter Sutcliffe, suchen eine Antwort.

Autor: Titus Richter

Was wir filmten – Ostdeutsche Regisseurinnen blicken auf ein verschwundenes Land

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Der 3. Oktober naht und mit ihm die offiziellen Feiern zur Deutschen Einheit. Halle hat sich geschmückt und irgendwie erinnert es mit all den Losungen an die Republikgeburtstage einer vergangenen Zeit. Auch in der Kleinen Ulrichstraße kann man dem riesigen Wiedervereinigungs-Aufsteller, auf dem irgendwas von Zukunft steht, kaum ausweichen. Kurz gesehen, schon vergessen. Das Plakat gegenüber vorm ZAZIE, dem Kino für besondere Filme, dagegen ein Hingucker. Zwei junge Frauen, Sonnenbrille, langes Haar, Lederjacke, Zigarette in der Hand, cool. Wer sie sind, erzählt der Film “Herzsprung” von Helke Misselwitz, eine von 15 ostdeutschen Regisseurinnen, deren Arbeiten eine Woche lang im ZAZIE laufen. “Was wir filmten” heißt die Filmreihe und das Buch, das im Oktober erscheint. Nicht von ungefähr werfen die Filme und die Frauen, die sie gedreht haben, einen Blick zurück auf das verschwundene Land DDR, die kurze Zeit der Anarchie 1990 und die langen Nachwirkungen der Ostsozialisation in den eigenen Biografien. Es sind sehr persönliche Geschichten, wie die von Tina Bara, die sich und ihre Freunde in der kaputten Stadtlandschaft Ostberlins zwischen 1983 und 1989 fotografierte. Auf Dächern, Hinterhöfen und in besetzten Wohnungen, nackt, trotzig und selbstbewusst. Immer auf der Flucht vor der “Lange Weile”, die bleiern über dem Land lag. “Ich will Filme über das Lebensgefühl meiner Generation machen, erzählen, über das, was ich erlebe, möchte drinstecken, dazu gehören” sagte Petra Tschörtner, die 2012 verstorbene Regisseurin. Im Sommer 1990 steckt sie mittendrin und zieht mit der Kamera durch die Straßen Ostberlins. Sie trifft kleine Leute mit großem Herz, Szenetypen, Hausbesetzer. Ihnen allen merkt man die Angst, vor dem was kommen wird an. Entstanden ist ein beeindruckendes Zeitdokument der letzten Tage der DDR, ein melancholischer Abschied vom vertrauten, oft gehassten Land. War das wirklich so grau, so gottlos, so diktatorisch wie oft beschrieben? Wir haben mit Tina Bara und der Autorin des Buches “Was wir filmten” nach Antworten darauf gesucht.

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Laura Jahn

Von Laura

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