Fr. Apr 26th, 2024

Köln (ots)

Es ist ein Donnerschlag. Die Aufklärung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln erschüttert seit einem Jahr die katholische Kirche in ganz Deutschland, und jetzt kostet sie zwei Bischöfe das Amt. Zwei Bischöfe, die schon vor Monaten gut daran getan hätten, dem Papst ihren Amtsverzicht anzubieten. Es waren ja schon genug Informationen über ihre Versäumnisse im Umlauf. Immerhin, jetzt passiert etwas. Diese tiefe Erschütterung kann befreiend wirken. Befreiend zunächst einmal für den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. Dabei steht die von den Gutachtern ausgesprochene Entlastung im Fall des Düsseldorfer Pfarrers O. nicht im Vordergrund. Der Fall mag unter Kirchenrechtlern umstritten bleiben – viel wichtiger ist es, dass nun die Diskussion um das zurückgehaltene Gutachten einer anderen Kanzlei und das notorische Durchstechen unvollständiger Informationen ihr Ende haben dürften. Das Anwaltsteam um Björn Gercke hat das Versprechen rückhaltloser Aufklärung wahr gemacht, soweit es sich anhand der Akten wahr machen ließ. Das Heiligenbild, das viele seiner Anhänger vom verstorbenen Kardinal Meisner zeichnen, hat nun tiefe Risse. Viele Delikte werden nie mehr aufzuklären sein. Aber die Rechtsverstöße, die zu dieser Situation geführt haben, sind jetzt bekannt. Konsequenzen können diskutiert werden. Befreiend ist das für die katholische Kirche deutschlandweit, zumal etliche Kölner Vorgänge über die Grenzen des Bistums hinausreichen.Erst seit 2010 wird in dieser Kirche einigermaßen offen über das Thema Missbrauch gesprochen. Noch 2010 wollte das Erzbistum Köln nur ganze vier Fälle einräumen. Erst seit 2010 fassten viele Betroffene den Mut, ihre zum Teil lange zurückliegenden Missbrauchserfahrungen anzuzeigen. Das Gutachten belegt das, belegt aber auch, wie niederdrückend die Erfahrungen mit der kirchlichen Bürokratie noch in dieser Zeit gewesen sein müssen, in der Schwaderlapp und Heße agierten. Was muss jetzt passieren? Gercke ist Jurist, seine Kanzlei kann auf Organisationsmängel und Schwachstellen im Kirchenrecht hinweisen. Es spricht für die Gutachter, dass sie die Grenzen ihres Faches erkennen und sich nicht etwa an Überlegungen zur katholischen Sexualmoral versuchen – so nahe das läge. Denn natürlich ist über eine Moral zu streiten, die in solcher Verlogenheit mündete. Aber der Kern des Problems liegt noch tiefer, das Fundament des Christentum als einer Religion der Freiheit ist berührt. Wie kann auf diesem Boden eine derartige Unkultur des Machtmissbrauchs, des Unterdrückens und Vertuschens gedeihen?

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