Sa. Mai 4th, 2024

Berlin (ots) –

Am 20. Januar hat das EU-Parlament seinen Standpunkt zum Digitale-Dienste-Gesetz (DSA) formell angenommen. Das Parlament verabschiedete eine Formulierung zum Schutz der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und ergänzte zuletzt noch ein Recht, digitale Dienste anonym zu nutzen und zu bezahlen, wo immer dies möglich ist. Dennoch haben die Europaabgeordneten der Piratenpartei beschlossen, den Gesamtbericht abzulehnen. Das wahllose Sammeln der Handynummern aller Uploader:innen auf Erwachsenenplattformen untergräbt das Recht auf Anonymität und gefährdet die Sicherheit und das Leben von Sexarbeiter:innen in der Europäischen Union – eine rote Linie für die Europaabgeordneten der Piratenpartei.

Mit dem Änderungsantrag 291a)[1] will das Parlament Nutzer:innen dazu verpflichten, ihre Handynummer an Pornoplattformen weiterzugeben, bevor sie Inhalte hochladen oder Kommentare posten dürfen. Diese Bestimmung verstößt gegen die Grundrechte auf Privatsphäre und Datenschutz. In einem Brief an die Gesetzgeber betonte die EU Sex Workers’ Rights Alliance (ESWA), dass “aufgrund der Stigmatisierung und Kriminalisierung der Produzenten von sexuellen Inhalten für Erwachsene und anderer Arten von Sexarbeit die Sicherheit ihrer Daten von größter Bedeutung ist”. Datenlecks würden “eine direkte Bedrohung für die Sicherheit und das Wohlergehen von Sexarbeitern im realen Leben (offline) darstellen”[2].

Obwohl die Abgeordneten der PIRATEN-Delegation die ehrenwerten Absichten des Änderungsantrags anerkennen, werden sie keinen Vorschlag unterstützen, der die Sicherheit einer bereits stigmatisierten Personengruppe bedroht. Ebenso wenig können sie es unterstützen, einen Präzedenzfall für die Abschaffung anonymer Veröffentlichungen im Netz mit der Begründung der ‘Abschreckung’ zu schaffen. Daher hat die PIRATEN-Delegation gegen die aktuelle Fassung des DSA gestimmt.

PIRATEN setzten sich erfolgreich für digitale Rechte ein

In anderen Punkten haben die Abgeordneten der Piratenpartei im Europäischen Parlament wichtige Beiträge zur Verbesserung der Privatsphäre der Nutzer:innen geleistet. Erstmals können sich Nutzer:innen generell gegen die allgegenwärtige Online-Überwachung und die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen zu kommerziellen Zwecken in ihren Apps entscheiden, was sie auch vor den ständigen zeitraubenden Einwilligungsbannern bewahrt. Die Einwilligung zu verweigern dürfte künftig nicht komplizierter sein als die Einwilligung zu geben. Online-Plattformen müssten auch denjenigen Nutzer:innen faire Zugriffsmöglichkeiten anbieten, die es ablehnen, umfassend verfolgt zu werden. Darüber hinaus sollen sicher verschlüsselte Dienste vor Eingriffen durch EU-Mitgliedstaaten geschützt werden. Nationale Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung oder Identifizierungspflichten sollen ausgeschlossen werden. Wie von Abgeordneten und dem LIBE-Ausschuss vorgeschlagen, werden Plattformbedingungen, die nicht mit der Meinungsfreiheit, der Medienfreiheit oder anderen Grundrechten übereinstimmen, nichtig sein. Und in einem wichtigen Sieg in letzter Minute will das Parlament nun, dass die Nutzer digitale Dienste anonym nutzen und bezahlen können, wo immer dies möglich ist.

Dr. Patrick Breyer, Abgeordneter der Piratenpartei im Europäischen Parlament, Berichterstatter für das Digitale-Dienste-Gesetz des LIBE Ausschusses und digitaler Freiheitskämpfer, kommentiert:

“Die Unterstützung des Parlaments für das Recht, digitale Dienste anonym zu nutzen und zu bezahlen, ist ein großer Sieg für den Schutz unserer Privatsphäre und Sicherheit im Internet. Allein im letzten Jahr sind über 500 Millionen Handynummern von Facebook/Meta geleakt worden. Wir können nicht hinnehmen, dass jedes Jahr durch Datenlecks persönliche Informationen von Millionen von EU-Bürgern in die Hände von Cyberkriminellen gelangen.

In den bevorstehenden Trilog-Verhandlungen werden wir unsere Erfolge beim Schutz unserer Privatsphäre und der freien Meinungsäußerung im Internet vehement gegen Überwachungs- und Industrieinteressen verteidigen müssen, etwa den Ausschluss von Upload-Filter-Pflichten, den Schutz von Verschlüsselung und das Verbot nationaler Identifizierungspflichten und Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung.

Viele der Empfehlungen des LIBE-Ausschusses wurden jedoch nicht angenommen [3], so dass “illiberale” EU-Regierungen in der Lage sein werden, ohne Richterbeschluss unsere Online-Aktivitäten auszuspionieren und Inhalte zu zensieren, auch solche, die in liberalen Demokratien im Ausland gehostet werden. Das Parlament versäumt es, das monopolistische und überwachungskapitalistische Geschäftsmodell der großen Technologiekonzerne grundlegend anzugehen. So werden wir weiter den Gefahren von Dreck schleudernden Timeline-Algorithmen und willkürlicher Konzernzensur ausgesetzt, auch durch fehleranfällige Upload-Filteralgorithmen und KI.”

Als nächstes muss das Europäische Parlament eine Einigung mit den weniger fortschrittlichen EU-Mitgliedstaaten aushandeln, die von der französischen Regierung angeführt werden. Die Trilog-Verhandlungen werden hinter verschlossenen Türen stattfinden. Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Patrick Breyer wird im Namen des LIBE-Ausschusses daran teilnehmen.

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Laura Jahn

Von Laura

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