Do. Mai 2nd, 2024

BERLIN / GÖTTINGEN (ots) –

Unternehmen wirtschaften sozial und ökologisch nachhaltiger, wenn dem Aufsichtsrat Frauen und Umweltexperten angehören und wenn sich das Gremium regelmäßig verjüngt. Das ist das erste Ergebnis einer Big-Data-Studie zu europäischen börsenorientierten Unternehmen der Personalberatung Egon Zehnder in Kooperation mit der Georg-August-Universität Göttingen.

“Unternehmerische Nachhaltigkeit muss deutlich stärker und systematischer in Aufsichtsräten verankert werden”, konstatiert Dr. Carsten Wundrack, Leiter der deutschen Industrie Praxisgruppe von Egon Zehnder. Die Wirksamkeit des Aufsichtsrats hänge in diesem Zusammenhang statistisch messbar mit zentralen Aspekten von Diversität zusammen: “Unternehmen agieren stärker nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten, wenn im Aufsichtsrat überdurchschnittlich viele Frauen mitentscheiden und wenn der Altersdurchschnitt niedriger ausfällt als gewöhnlich.” Auch der sprichwörtliche frische Wind wirke sich positiv aus: Laut Wundrack verschieben sich die Gewichte in Richtung Nachhaltigkeit, wenn divers und im Hinblick auf nachgewiesene Nachhaltigkeitsexpertise besetzt wird.

Welche Faktoren beeinflussen unternehmerische Nachhaltigkeit?

Das Studienteam untersuchte große Datenmengen aus insgesamt dreizehn Jahren zu den Themenfeldern Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das Geschlecht, das Alter, die Amtszeit sowie ausgewiesene Erfahrung von Aufsichtsratsmitgliedern im Bereich Nachhaltigkeit beeinflussen der Studie zufolge die Ausprägung der unternehmerischen Nachhaltigkeit, oft auch “ES Performance” genannt. Zu diesem Ergebnis kamen Egon Zehnder und die Göttinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unter der Projektleitung von Professor Dr. Michael Wolff und Katharina Kemmerich, auf Basis von gut 4.100 Einzelbeobachtungen zu 534 europäischen börsenorientierten Unternehmen zahlreicher Branchen.

Unternehmerische Nachhaltigkeit als Aufsichtsratsthema

Die Beteiligten betonen den statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Komposition des Aufsichtsrats und der Entwicklung der unternehmerischen Nachhaltigkeit. Somit handelt es sich nicht um zufällige Trends, sondern um einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen Aufsichtsratsmerkmalen und ES Performance. Die Unternehmen mit dem höchsten Frauenanteil im Aufsichtsrat haben in der Stichprobe eine um sechs Prozentpunkte höhere ES Performance als der Durchschnitt. Gleiches gilt für Alter und Amtszeit: Aufsichtsräte mit den jüngsten Mitgliedern bzw. den geringsten Amtszeiten weisen eine mit jeweils über sieben Prozentpunkten bessere Performance auf. Auch zeigt sich, dass die Existenz eines mit entsprechender Expertise ausgestatteten Nachhaltigkeitsausschusses mit mehr als 13 Prozentpunkten einen erheblichen Einfluss auf die ES Performance der untersuchten Unternehmen hat. In den kommenden Wochen werden die Studienergebnisse mit Aufsichtsgremien diskutiert und vertieft werden.

Für die weitere Arbeit werden aber bereits Hypothesen zur Diskussion gestellt. So sei davon auszugehen, dass Unternehmen mit divers zusammengesetzten Aufsichtsräten über die Komponente unternehmerischer Nachhaltigkeit zukunftsfähiger sind und vom Kapitalmarkt bevorzugt werden. Wundrack begründet das mit der zunehmenden Bedeutung der Nachhaltigkeit für den wirtschaftlichen Erfolg: “Der Druck von Gesellschaft und Investoren, aber auch der sichtbare Wunsch von Unternehmen, sich an Umwelt- und Gesellschaftskriterien zu orientieren, hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen.” Darin liege eine große Chance für Aufsichtsräte, sich systematisch mit diesem Thema auseinanderzusetzen und mit den Geschäftsführungen ihrer Unternehmen in einen strategischen Dialog zu treten. Schließlich bedingten diese Aspekte häufig eine fundamentale neue Ausrichtung der Geschäftsmodelle und nicht zuletzt hohe Investitionen.

Im europäischen Ausland wurde versucht, dieser Notwendigkeit durch die Etablierung von Nachhaltigkeitsausschüssen in Aufsichtsgremien Rechnung zu tragen. Tatsächlich haben diese laut der Studie “positive Auswirkungen auf die unternehmerische Nachhaltigkeit – insbesondere dann, wenn diese Ausschüsse mit besonderer Nachhaltigkeitsexpertise ausgestattet sind”, so Kemmerich.

Gute Corporate Governance fördert Nachhaltigkeit

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