Als Einwanderer fällt es oft schwer, die neue Heimat als solche anzusehen und Beziehungen mit fremden Menschen einzugehen. Einsamkeit wird zum neuen besten Freund, Verlorenheit zum neuen Zuhause. Und hat man erstmal seine eigene Heimat, seine gewohnte Umgebung und die familiären Menschen verloren, die die eigene Sprache sprechen und viele der kulturellen Eigenarten teilen, dann braucht es nicht mehr viel, bevor man sich selbst auch noch verliert. Heimat ist Sicherheit und Geborgenheit. Familie und Freunde.
Wenn man in einem fremden Land als Mann neue Freunde suchen möchte und die Sprachbarriere jegliche Kommunikation unmöglich erscheinen lässt, dann greift man eben auf den Alkohol zurück. Soziales Trinken heißt es doch, oder? Und Männer kommunizieren doch eh nur durch Grunzen und Rülpsen. Trinkfreundschaften sind auch Beziehungen – doch kann diese Freundschaft die innere Einsamkeit vertreiben?
In seinem Debütroman Wandertage, wandert Julio Calvio den einsamen Weg aus der alten Heimat in eine neue. Dabei berichtet er von den dunklen Tälern der Einsamkeit und des Selbstverlustes. Ein Kapitel, das den Titel „Der Besuch“ trägt, berichtet von einer Freundschaft unter Männern. Es handelt von Alkohol und der Suche nach bedeutungsvollen Beziehungen:
„Auf dem Weg zu Jonas bleibe ich an der Theodor-Heuss-Brücke kurz stehen und beobachte die Schwäne am Flussufer. Für Ende März ein ungewöhnlich milder Abend. Man sieht schon einzelne Studentinnen im Sommerkleid. Sie tragen ihre Jeansjacke unter dem Arm und wollen die letzten Tage der Semesterferien beim abendlichen Spaziergang genießen.“
Einsamkeit, Entfremdung. Das sehnsüchtige Beobachten anderer Menschen, die einem so nah sind und doch so weit weg von der eigenen Einsamkeit. Keine Beziehung zu niemandem haben. Doch der Abend ist vielversprechend. Er wurde zu jemandem nach Hause eingeladen.
„Es ist das erste Mal, dass mich ein Mann zu sich nach Hause zum Abendessen einlädt. Könnte das der Start einer echten Beziehung sein?
Bei einer Frau ist es etwas anderes. Da kenne ich meine Rolle in Beziehungen und weiß von vornherein, auf welcher Ebene die Elektronen rotieren werden.“
Einsamkeit als männlicher Einwanderer ist womöglich noch tiefgreifender als übliche Einsamkeit. Sucht man Nähe oder eine Beziehung jeglicher Art zu einer Frau, wird daraus schnell ein Rendezvous, ein flüchtiges Aufeinandertreffen sexueller Energien. Nichts langfristig Erfüllendes. Und eine Männerfreundschaft scheint ein beinahe unerreichbares Ziel auf der Lebenswanderung eines Einwanderers in einem fremden Land. Eine echte, bedeutungsvolle Beziehung ist schon als Einheimischer schwer zu finden. Mit einer Frau landet man zum Schluss doch bloß im Bett, mit einem Mann landet man in der Bar.
„Ich frage mich, was zwei junge Männer am Abend in einer Wohnung tun könnten, außer sich sinnlos zu besaufen.“ Wie führen Männer Beziehungen?
Es scheint unmöglich, die eigene Einsamkeit und das Gefühl der Entfremdung zu überwinden, wenn Beziehungen niemals die Oberfläche durchbrechen.
„Improvisiertes Theater ist nichts für mich, eher etwas für Schauspieler, die sich ihrer sozialen Herkunft in all ihren Schattierungen nicht bewusst sind. Für diejenigen, die ihre Eltern auf die gegenwärtigen, zufälligen Verhältnisse reduzieren, ihr Elternhaus mit einer Rolltreppe verwechseln, auf der sie gerade aufsteigen, oder absteigen. Das Drehbuch für eine Begegnung, die einen langen und lebendigen Abend verspricht, haben jedoch schon deine Großeltern und Urgroßeltern geschrieben. Und das lange bevor du geboren wurdest.
Was ich über Jonas weiß, hat er mir selbst erzählt: Er stammt aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie. Sie lebt in einer Stadtvilla in Wiesbaden. Die Beziehung zu seinem Vater ist kompliziert. Aber dafür finanziert ihm seine Mutter bereits das dritte Studium, nachdem er Jura und Volkswirtschaft irgendwann abgebrochen hat. Als er zum ersten Mal in das Seminar kam, dachten wir alle, er sei der Professor, da er zehn Jahre älter ist als meine Generation. Heute bin ich darauf gespannt, ob er auch zuhause wieder Anzug und Krawatte trägt. Aus Respekt habe ich heute ein weißes, frisch gebügeltes Hemd angezogen und einfach meinen guten Wintermantel und Schal übergezogen. Um zu meiner schwarzen Cordhose zu greifen, musste ich mich überwinden.“
Die Suche nach menschlicher Nähe und nach einer tiefgründigen Beziehung zeigt sich in Lucios Bemühungen, schon vor dem Treffen die Oberfläche zu brechen. Er möchte diesen Mann kennenlernen, wirklich kennenlernen, sich nicht nur betrinken und eine Sauffreundschaft riskieren.
„Aber ich kenne das Viertel und möchte nicht aufgrund der eigentlich nicht existierenden Kleiderordnung von der Streifenpolizei nach meinem Ausweis gefragt werden, was sie bei langhaarigen Ausländern gelegentlich tun, schon um überhaupt etwas zu tun.“
Neben seiner Einsamkeit, bleibt immer auch das tiefgreifende Gefühl, als Eindringling gesehen zu werden. Diskriminierung gegen Ausländer verstärkt das eigene Gefühl der Entfremdung noch. Es ist nicht nur die Sorge, nirgendwo einen Platz zu finden, die den Einwanderer plagt, sondern auch das Wissen, dass er anders aussieht und auf dieser Grundlage allein schon auf viele eine abstoßende Wirkung hat.
Vielleicht ist es doch ratsam, zur Flasche zu greifen? Vielleicht ist eine Sauffreundschaft, das Beste auf das er jetzt hoffen kann.
„In der Innentasche des Mantels versteckt sich eine Flasche Châteauneuf du Pape, die ich kürzlich für die Übersetzung eines kurzen Telefonats erhalten habe.“
Ein Abend der Möglichkeiten liegt nun vor Lucio. Werden seine Wünsche in Erfüllung gehen? Wird er angenommen werden? Wird er eine bedeutungsvolle Beziehung zu einem anderen Mann entwickeln können? Oder wird schließlich doch bloß zur Flasche gegriffen?
Findet jetzt raus, wie es für Lucio weitergeht!
Wandertage
Über den Autor
Der Autor Julio César Arranz Calvo wurde in der spanischen Provinz Segovia geboren. Durch die Emigration der Familie nach Deutschland Anfang der 60er Jahre verbrachte er einen Teil seiner Kindheit und Jugend im hessischen Groß-Umstadt, einer Kleinstadt am Rande des Odenwaldes. Julio Calvo ist Linguist (Übersetzer-Diplom der Universität Heidelberg) und Künstler (lehrt Malerei im Lehramtsstudium an der Stiftung Universität Hildesheim). Bei seinem ersten autofiktionalen Roman geht es ihm um seine Erfahrungen als junger Ausländer in seiner neuen Heimat, dem vom Krieg traumatisierten Deutschland: Welche Faktoren prägen die Entwicklung der Identität? Wie wird die deutsche Kultur von außen empfunden? Julio Calvo ist davon überzeugt, dass die persönliche Identität viele Gesichter und Facetten hat, die weit in die Geschichte zurückreichen: in die Familiengeschichte vieler Generationen, in die Zeitgeschichte des politischen Europas und in die Entwicklungsgeschichte seelischer Inkarnationen. Nach einer Familientragödie im Jahre 2014 fängt er an, zu schreiben; aus dem persönlichen Schreibprojekt Wanderungen zur Sausteige wird nach einigen Jahren sein Debütroman WANDERTAGE.
Über den Verleger
Dantse Dantse stammt aus Kamerun und ist Experte für Ernährung, menschliche Verhaltens- und Persönlichkeitsentwicklung. Zudem ist er ein mehrfacher Bestsellerautor mit über 120 Büchern (Ratgeber, Romane und Sachbücher zu den Themen Gesundheit, Psychologie und Kindererziehung). Er ist außerdem Verleger, Gründer sowie sehr erfolgreicher Lebens- und Gesundheitscoach. Er arbeitet und lebt in Darmstadt. Die Bücher von Dantse Dantse verändern das Leben tausender Menschen. Denn sie sollen helfen, den Horizont zu erweitern, die Welt ein Stück zu verbessern und Afrika zu ehren.
Seine innovative und unnachahmliche afrikanisch inspirierte Wissens- und Lebenslehre „DantseLogik“, www.dantse-logik.com, hat ihn zu einem begehrten und gefragten Erfolgscoach gemacht hat. Mit ihr hilft er Menschen, ihre Ziele zu erreichen und nachhaltig ganzheitlich erfolgreich und glücklich zu sein und Krankheiten zu bekämpfen ohne Medikamente.
Sein Motto ist Aktion und gleichzeitig Programm. „Allein dein Erfolg ist meine Messlatte, dafür stehe ich mit meinem guten Namen und Ruf“. Dantse Dantse
WARNUNG:
Das Lesen der Bücher von Dantse Dantse kann deine Augen öffnen, die Ohren sensibilisieren, die Zunge schärfen, dein Herz berühren, dein Leben beeinflussen, deinen Horizont erweitern, deine Sorgen beseitigen, dich gesund machen und erhalten, dein Schicksal verändern und dich glücklich machen.
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Über indayi edition
indayi edition ist ein aufstrebender, kleiner, bunter, außergewöhnlicher Start-up-Verlag in Darmstadt. Der erste deutschsprachige Verlag, der von einem afrikanischen Migranten in Deutschland gegründet wurde. Hier wird alles veröffentlicht, was Menschen betrifft. Sie berührt und bewegt. Unabhängig von kulturellem Hintergrund und Herkunft.
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