Mi. Mai 22nd, 2024

München (ots) – Es tut sich viel in der Krebsforschung und -behandlung: Die Immuntherapie schreitet voran und öffnet neue Horizonte, Zelltherapien für Menschen mit seltenen Bluterkrankungen sind auf dem Markt und werden für neue Indikationen weiterentwickelt, Antikörper verdrängen immer öfter die Chemotherapie und machen die Krebstherapie insgesamt wirksamer und verträglicher. Zum Weltkrebstag sprachen wir mit dem Onkologen Professor Christof von Kalle über die Hoffnungen, die sich aus neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und innovativen Arzneimitteln ergeben, über die (liegengelassene) Chance der Prävention und die Lehren aus der Pandemie.

Das ganze Interview finden Sie auf Pharma Fakten: https://www.pharma-fakten.de/news/details/1038-weltkrebstag-forschung-heilt-krebs/

Prof. von Kalle, stehen wir vor einer neuen Ära der Krebsbekämpfung?

Prof. Christof von Kalle: Das glaube ich schon und dafür gibt es ganz aktuelle Beispiele. Unternehmen wie BioNTech und Curevac sind gegründet worden, um für Patientinnen und Patienten Impftherapien gegen Krebs zu entwickeln. Der Grund, warum sie bei der Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen so schnell waren, ist, dass sie bereits daran gearbeitet haben, jeden Betroffenen und jede Betroffene gegen die individuelle Krebserkrankung zu impfen. Das ist der Gedanke hinter der Tumorimmuntherapie und der große Traum hinter der RNA-Impfstofftechnologie: Man ertüchtigt den Körper durch eine Immunattacke, den eigenen Krebs zu bekämpfen. Diese RNA-Technologie konnte nun auch gegen COVID-19 genutzt werden. Für mich ist das ein aktuelles Beispiel dafür, wo aus dem Mut, das eigentlich Unmögliche zu versuchen, gute Dinge resultieren. Dieser Weltkrebstag könnte deshalb für mich ein Anlass sein zu sagen: Forschung heilt Krebs. Wenn wir mal kurz innehalten und uns rückblickend anschauen, was in den vergangenen Jahren an neuen Möglichkeiten herausgekommen ist, dann ist das schon sehr beeindruckend. Und selbst da, wo die Forschung noch nicht zu zugelassenen Arzneimitteln geführt hat, ist es doch toll, dass wir es versucht haben. Weil wir daraus gelernt haben und uns das jetzt in eine bessere Ausgangsposition bringt.

Ist die Pandemie also ein Fortschrittsbeschleuniger?

Von Kalle: Wir können auf jeden Fall einen Prozess gegenseitiger Befruchtung beobachten: Das, was versucht wurde für den Krebs zu entwickeln und jetzt gegen die Pandemie offenbar funktioniert, kann möglicherweise umgekehrt dazu führen, dass wir den Kampf gegen Krebs beschleunigen können. Einfach, weil man jetzt in Lichtgeschwindigkeit Erfahrungen mit der RNA-Technologie und Abermillionen Menschen sammelt und genau sehen kann, was wir damit erreichen. Für diesen Erfahrungsschatz, der da jetzt entsteht, hätten man ansonsten sehr viel länger gebraucht.

Heißt das, die Krebsforschung profitiert von den Erfahrungen der Pandemiebekämpfung?

Von Kalle: Das ist zumindest die Hoffnung. Wir stehen da vor großartigen Möglichkeiten, zu denen uns die Pandemie die Tür geöffnet hat. Wir müssen aber auch den Mut haben, sie in Angriff zu nehmen. Schauen wir uns die Checkpoint-Blockade an. Krebszellen können über gewisse Mechanismen die Immunabwehr des Menschen unterdrücken oder bremsen. Checkpoint-Blockade bedeutet: Wir impfen nicht und schaffen auch keine neue Immunität, sondern wir schalten die Bremsen, die das Immunsystem davon abhalten den Tumor anzugreifen, aus.

Was leider nicht bei allen Erkrankten funktioniert…

Von Kalle: Das ist der Punkt. Es funktioniert bei manchen und bei manchen nicht und wir fragen uns sehr intensiv: Warum? Und dann kommt man natürlich sehr schnell zu dem Punkt, an dem man sich fragt: Wäre es nicht toll, wenn man die Menschen, die eine solche Immunantwort nicht haben, impfen könnte, sodass auch ihr Immunsystem im Kampf gegen Krebs aktiviert wird? Und da kommt wieder die RNA-Technologie ins Spiel.

Klingt einfach.

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Laura Jahn

Von Laura

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